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Kein vollständiger Erlass von Säumniszuschlägen bei Überschuldung

22.08.2025 09:16

Bei einer Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit des Steuerpflichtigen sind Säumniszuschläge, die wegen der verspäteten Zahlung von Steuern entstanden sind, nicht vollständig zu erlassen. Vielmehr kommt in der Regel nur ein Erlass der Hälfte der Säumniszuschläge in Betracht.

Hintergrund: Säumniszuschläge werden kraft Gesetzes verwirkt, wenn die Steuer erst nach Fälligkeit gezahlt wird. Pro Monat der Säumnis entstehen 1 % des offenen Steuerbetrags.

Sachverhalt: Der Kläger war seit 2018 Insolvenzverwalter über das Vermögen des A, der seit 2007 zahlungsunfähig war. Das Finanzamt hatte gegen A Forderungen in Höhe von insgesamt ca. 3,5 Mio. €; hiervon entfielen ca. 1,5 Mio. € auf Säumniszuschläge für Steuern, die zwischen Dezember 2007 und 2011 fällig geworden waren. Der Wert der Insolvenzmasse belief sich auf ca. 50.000 €. Im Juli 2021 beantragte der Kläger den Erlass der gesamten Säumniszuschläge; das Finanzamt erließ jedoch nur die Hälfte der Säumniszuschläge, also ca. 750.000 €.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage, die auf Erlass der verbleibenden Säumniszuschläge gerichtet war, ab:

  • Säumniszuschläge sind zum einen Druckmittel, um den Steuerpflichtigen zur pünktlichen Zahlung zu bewegen. Zum anderen stellen sie aber auch eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung dar, und sie dienen auch der Abgeltung der Verwaltungskosten, die auf Grund der nicht pünktlichen Zahlung entstehen.

  • Ist der Steuerpflichtige überschuldet und zahlungsunfähig, geht die Funktion als Druckmittel verloren; denn der Steuerpflichtige kann gar nicht zahlen. Daher ist ein teilweiser Erlass der Säumniszuschläge geboten. Nach der Rechtsprechung des BFH kommt insoweit ein hälftiger Erlass der Säumniszuschläge in Betracht.

  • Ein darüber hinaus gehender Erlass ist nicht geboten. Denn die beiden weiteren Funktionen des Säumniszuschlags bleiben im Fall der Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit erhalten, nämlich die Funktion als Gegenleistung sowie als Ersatz von Verwaltungskosten. Zwar lässt sich der genaue Anteil der Säumniszuschläge, der auf die Gegenleistung und auf den Verwaltungskostenersatz entfällt, nicht beziffern; es bleibt aber bei den Grundsätzen der bisherigen Rechtsprechung, dass im Fall der Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit nur die Hälfte der Säumniszuschläge zu erlassen ist.

  • Der vom Kläger angestrebte vollständige Erlass wäre nur dann möglich, wenn es zusätzliche persönliche oder sachliche Billigkeitsgründe gäbe. Andere sachliche Billigkeitsgründe sind nicht erkennbar. Und ein Erlass wegen persönlicher Billigkeitsgründe ist ausgeschlossen, wenn sich der Erlass nicht zugunsten des Steuerpflichtigen, sondern nur zugunsten der anderen Insolvenzgläubiger auswirken würde. Dies wäre hier der Fall, weil von einem weitergehenden Erlass nur die übrigen Insolvenzgläubiger profitieren würden; denn es gab Insolvenzforderungen der übrigen Gläubiger in Höhe von ca. 2,2 Mio. €, während die Insolvenzmasse lediglich einen Wert in Höhe von ca. 50.000 € aufwies.

Hinweise: Der BFH hat in einer aktuellen Entscheidung, die die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge betraf, offen gelassen, in welchem prozentualen Verhältnis die drei Zwecke des Säumniszuschlags zueinander stehen (Druckmittel, Gegenleistung, Verwaltungskostenersatz). Der Kläger hatte daher gehofft, dass das Finanzgericht den Anteil des Druckmittels höher als 50 % ansetzt und insoweit einen Erlass ausspricht. Das Finanzgericht hält jedoch an der bisherigen Rechtsprechung, die den Erlass von Säumniszuschlägen betrifft, fest und sieht deshalb nur einen hälftigen Erlass als geboten an.

Der BFH vertritt bezüglich der Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge die Auffassung, dass sie verfassungskonform sind. Im Gegensatz zu Nachzahlungszinsen, die nur 1,8 % pro Jahr betragen, belaufen sich Säumniszuschläge auf immerhin 12 % pro Jahr.

Quelle: Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 31.3.2025 – 3 K 161/23; NWB


Gewerbesteuerpflicht eines Anteilsveräußerungsgewinns bei doppelstöckiger Personengesellschaft

19.08.2025 08:09

Veräußert der Gesellschafter einer Personengesellschaft, die an einer anderen Personengesellschaft beteiligt ist, seinen Anteil mit Gewinn, ist der Gewinn gewerbesteuerpflichtig, wenn der Gesellschafter eine nicht natürliche Person ist. Der Veräußerungsgewinn wird allein dem Gewerbeertrag der Ober-Personengesellschaft, zugerechnet und nicht anteilig dem Gewerbeertrag der Unter-Personengesellschaft.

Hintergrund: Von einer doppelstöckigen Personengesellschaft spricht man, wenn eine Personengesellschaft (sog. Ober-Personengesellschaft) an einer anderen Personengesellschaft (sog. Unter-Personengesellschaft) beteiligt ist.

Nach dem Gesetz ist der Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft nicht gewerbesteuerpflichtig, wenn der Veräußerer eine natürliche Person ist. Hingegen ist die Veräußerung gewerbesteuerpflichtig, wenn der Veräußerer (Gesellschafter) eine Kapital- oder Personengesellschaft oder sonstige Körperschaft oder Vermögensmasse ist.

Sachverhalt: Klägerin war die A-KG, an der u.a. die C-Stiftung beteiligt war. Die Klägerin war ihrerseits an mehreren KGs beteiligt, die jeweils eine Klinik betrieben. Die C-Stiftung veräußerte ihre Beteiligung an der A-KG mit Gewinn. Die A-KG wollte, dass dieser Veräußerungsgewinn gewerbesteuerlich anteilig den Klinik-KGs zugerechnet wird.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Der Gewinn aus der Veräußerung des Anteils der C-Stiftung an der A-KG war allein der A-KG gewerbesteuerlich zuzuordnen. Nicht nur einkommensteuerlich, sondern auch gewerbesteuerlich wird der Gewinn eines Gesellschafters aus der Veräußerung seines Anteils an der Personengesellschaft auf der Ebene der Personengesellschaft versteuert.

  • Eine Aufteilung des Gewinns auf die A-KG als Ober-Personengesellschaft und auf die Klinik-KGs als Unter-Personengesellschaften kam nicht in Betracht. Denn gewerbesteuerlich handelte es sich um einen einheitlichen Veräußerungsvorgang, nicht aber um mehrere Veräußerungen. Hierfür spricht insbesondere auch der Gesetzeswortlaut, wonach der Veräußerungsgewinn „zum Gewerbeertrag“ des Betriebs zu zählen ist, nicht aber auf mehrere Gewerbeerträge verschiedener Betriebe aufzuteilen ist.

  • Für eine Aufteilung des Veräußerungsgewinns auf die A-KG sowie auf die Klinik-KGs fehlen auch verfahrensrechtliche Regelungen, nach welchen konkreten Grundsätzen der Veräußerungsgewinn aufgeteilt werden soll und bei welcher Personengesellschaft die Höhe der stillen Reserven festzustellen sind.

Hinweise: Bislang war höchstrichterlich noch nicht geklärt, wie der Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils an einer Ober-Personengesellschaft gewerbesteuerlich zugeordnet wird. Der BFH entscheidet sich nun gegen eine Aufteilung des Gewinns auf die Ober- und auf die Unter-Personengesellschaften. Unbeachtlich ist, dass der Veräußerungsgewinn möglicherweise deshalb erzielt worden ist, weil sich die stillen Reserven, also die Mehrwerte gegenüber dem jeweiligen Buchwert, in den Klinik-KGs befunden haben könnten.

Zwar sind Gewinne von Krankenhäusern unter bestimmten Voraussetzungen gewerbesteuerfrei. Diese Gewerbesteuerfreiheit kam der Klägerin aber nicht zugute, weil sie selbst keine Klinik betrieb, sondern nur die Klinik-KGs (Unter-Personengesellschaften).

Quelle: BFH, Urteil vom 8.5.2025 – IV R 40/22; NWB


Gewerbesteuerfreiheit eines Krankenhauses erfasst auch Gewinn aus Wahlleistungen (Komfortzimmer)

15.08.2025 08:07

Der Ertrag eines Krankenhauses, den es aus Wahlleistungen im Zusammenhang mit der Unterkunft (sog. Komfortzimmer) erzielt, ist gewerbesteuerfrei, auch wenn die Wahlleistungen medizinisch nicht erforderlich sind oder von den gesetzlichen Krankenkassen nicht erstattet werden. Entscheidend ist, dass das Krankenhaus die Voraussetzungen eines steuerlichen Zweckbetriebs erfüllt.

Hintergrund: Krankenhäuser sind unter bestimmten Voraussetzungen von der Gewerbesteuer befreit. Dies ist etwa der Fall, wenn sie steuerlich einen Zweckbetrieb darstellen. Um einen Zweckbetrieb handelt es sich, wenn mindestens 40 % der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen (und nicht für Wahlleistungen) berechnet werden.

Sachverhalt: Die Klägerin betrieb ein Krankenhaus und war eine nicht gemeinnützige GmbH. Sie erfüllte die Voraussetzungen eines steuerlichen Zweckbetriebs. Sie stellte ihren Patienten gegen Aufpreis sog. Komfortzimmer zur Verfügung, die geräumiger und besser ausgestattet waren. Privat versicherten Patienten wurde der Zuschlag für das Komfortzimmer von der privaten Krankenkasse erstattet. Das Finanzamt hielt den Ertrag aus der Vermietung der Komfortzimmer für gewerbesteuerpflichtig.

Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) gab der Klage statt:

  • Die Regelung über die Gewerbesteuerfreiheit verlangt lediglich, dass das Krankenhaus die Voraussetzungen eines steuerlichen Zweckbetriebs erfüllt. Ist dies der Fall, werden die Erträge, die mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen zusammenhängen, von der Gewerbesteuer befreit.

  • Zu den gewerbesteuerfreien Erträgen gehören dann auch die Erträge aus der Unterkunft und Verpflegung und somit auch die Erträge aus der Wahlleistung für die Komfortzimmer. Es kommt nicht darauf an, ob es sich dabei um allgemeine Krankenhausleistungen oder um Wahlleistungen handelt. Unbeachtlich ist auch, dass das Komfortzimmer nicht für den medizinischen Behandlungserfolg erforderlich ist und dass gesetzlich versicherten Krankenhauspatienten der Mehrpreis für das Komfortzimmer nicht erstattet wird.

Hinweise: Die Gewerbesteuerfreiheit für Krankenhäuser wird nicht für den gesamten Gewinn gewährt, sondern ist tätigkeitsbezogen ausgestaltet, so dass nur der Ertrag, der mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen zusammenhängt, befreit wird, wenn die Voraussetzungen eines steuerlichen Zweckbetriebs erfüllt sind.

Im Umsatzsteuerrecht gibt es eine ähnliche Befreiung für Krankenhäuser, die aber deutlich enger ausgestaltet ist. Im Umsatzsteuerrecht sind die Leistungen nur dann umsatzsteuerfrei, wenn sie zur Erreichung der verfolgten therapeutischen Ziele unentbehrlich sind; Leistungen, die lediglich den Komfort und das Wohlbefinden der Krankenhauspatienten verbessern, sind daher nicht umsatzsteuerfrei.

Gegen das Urteil des FG ist Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt worden.

Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.3.2025 – 6 K 6082/23, Rev. beim BFH: Az. V R 8/25; NWB


Kein Anspruch auf Einsicht in Unterlagen der Richtsatzsammlung

14.08.2025 07:30

Ein Steuerpflichtiger hat keinen Anspruch auf Einsicht in die Unterlagen für die amtliche Richtsatzsammlung, z.B. in die Protokolle der vertraulichen Beratungen der Finanzverwaltung bei der Erstellung der Richtsatzsammlung. Ein derartiger Anspruch, der sich aus den Informationsfreiheitsgesetzen der Bundesländer ergeben könnte, wird durch ein Bundesgesetz ausgeschlossen, wonach die Vertraulichkeit der Sitzung zu wahren ist, wenn nicht im Einzelfall einstimmig etwas anderes beschlossen wurde.

Hintergrund: In den Bundesländern gelten sog. Informationsfreiheitsgesetze, die den Bürgern und insbesondere Journalisten grundsätzlich die Möglichkeit geben, in behördliche Unterlagen Einsicht zu nehmen. Im Steuerrecht gibt es eine Regelung, nach der das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit Zustimmung der obersten Finanzbehörden der Bundesländer einheitliche Verwaltungsgrundsätze bestimmen kann. Die Vertraulichkeit der entsprechenden Sitzungen ist jedoch zu wahren, wenn nicht im Einzelfall einstimmig etwas anderes beschlossen wurde.

Sachverhalt: Der Kläger beantragte beim Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern eine Auskunft zur Richtsatzsammlung. Er wollte wissen, bei wie vielen Betrieben in Mecklenburg-Vorpommern im Zeitraum 2016 bis 2020 eine Außenprüfung mit dem Ziel durchgeführt wurde, die Prüfungsdaten in die Richtsatzsammlung einfließen zu lassen. Ferner sollte das Finanzministerium Auskunft erteilen, nach welchen Kriterien die Betriebe ausgewählt werden und ob es hierfür Vorgaben gibt. Der Kläger wollte außerdem wissen, ob die Ergebnisse einer Außenprüfung auch dann in die Richtsatzsammlung eingehen, wenn die Ergebnisse auf einer Schätzung beruhen. Das Finanzministerium beantwortete die Anfrage nur mit allgemeinen Auskünften über die Entstehung, Bekanntgabe und Anwendung der Richtsatzsammlung.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die auf weitergehende Auskunft gerichtete Klage ab:

  • Zwar sehen die Informationsfreiheitsgesetze der einzelnen Bundesländer wie z.B. in Mecklenburg-Vorpommern einen grundsätzlichen Anspruch des Bürgers auf Auskunft über den Inhalt von Behördenakten vor. Dieser Anspruch wird im Steuerrecht allerdings durch eine spezielle Regelung des Bundesgesetzgebers ausgeschlossen.

  • Nach dieser Regelung kann das BMF mit Zustimmung der obersten Finanzbehörden der Bundesländer einheitliche Verwaltungsgrundsätze, zu denen auch die sog. Richtsatzsammlung gehört, bestimmen. Jedoch ist die Vertraulichkeit der entsprechenden Sitzungen zu wahren, sofern nicht im Einzelfall einstimmig etwas anderes beschlossen wurde.

  • Die Regelung soll einen freien, vertrauensvollen Austausch aller beteiligten Finanzbehörden ermöglichen, die an der Erstellung der Richtsatzsammlung mitwirken. Die Vertraulichkeit wäre nicht gewährleistet, wenn das BMF anschließend Einsicht in die entsprechenden Unterlagen gewähren müsste.

Hinweise: Die Richtsatzsammlung wird für Hinzuschätzungen verwendet. Sie enthält statistische Kennzahlen der einzelnen Branchen (z.B. Restaurants) zum Rohgewinnaufschlagsatz, zum Rohgewinn oder auch zum Reingewinn.

Auch wenn der Kläger keine detaillierte Auskunft erhielt, wird sein Rechtsschutz, der verfassungsrechtlich geschützt ist, nicht eingeschränkt. Denn der Kläger kann gegen die Änderungsbescheide, die auf Grund der Außenprüfung ergehen und in denen die Ergebnisse der Richtsatzsammlung verwertet wurden, Einspruch einlegen und klagen.

Eine Auskunft, bei der die Unterlagen teilweise geschwärzt werden, kam nicht in Betracht, da der Grundsatz der Vertraulichkeit umfassend gilt, so dass eine nur zu Teilen gewährte Auskunft nicht zulässig ist.

Quelle: BFH, Urteil vom 9.5.2025 – IX R 1/24; NWB


Schenkungsteuerpflicht bei disquotalen Einlagen einzelner GmbH-Gesellschafter

12.08.2025 07:20

Der BFH hat ernstliche Zweifel, ob disquotale Einlagen eines GmbH-Gesellschafters in die Kapitalgesellschaft auch dann Schenkungsteuer auslösen, wenn die disquotale Einlage aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses dem Gesellschafter, der sie erbracht hat, personenbezogen zugeordnet wird und wenn dementsprechend im Jahresabschluss die in die Kapitalrücklage eingestellte Einlage diesem Gesellschafter individuell zugewiesen wird. Es könnte dann nämlich an einer Werterhöhung der Anteile der übrigen Gesellschafter fehlen.

Hintergrund: Nach dem Gesetz kann eine disquotale Einlage eines GmbH-Gesellschafters zur Schenkungsteuer führen, wenn sich durch die disquotale Einlage der Wert der Anteile eines anderen Gesellschafters erhöht. Eine disquotale Einlage liegt vor, wenn ein Gesellschafter über seine Beteiligungsquote hinaus eine Einlage erbringt. Beispiel: Nur einer von fünf Gesellschaftern leistet eine Einlage.

Sachverhalt: An der X-GmbH waren fünf Gesellschafter (A, B, C, D und E) mit jeweils 20 % beteiligt. Sie vereinbarten in der Satzung, dass sich die Gewinnverteilung nicht nach der Beteiligungsquote, sondern nach der Höhe des jeweiligen Finanzierungsbeitrags (z.B. Darlehensgewährung) des einzelnen Gesellschafters richtet. Im Jahr 2013 leisteten bis auf E alle Gesellschafter Zahlungen in die X-GmbH, die aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses in die Kapitalrücklage der X-GmbH gebucht und im jeweiligen Jahresabschluss unter der Bilanzposition „Kapitalrücklage“ einzeln ausgewiesen und den jeweiligen Gesellschaftern der Höhe nach zugeordnet wurden. Ab 2015 leistete nur A entsprechende Zahlungen in die X-GmbH. Die Gesellschafter beschlossen, dass A insoweit eine entsprechende Auszahlung im Fall der Ausschüttung oder der Liquidation der X-GmbH erhalten sollte; außerdem wurden in den Jahresabschlüssen zum 31.12.2018 und 31.12.2019 die in die Kapitalrücklage eingestellten Beträge sowie die in den Vorjahren erbrachten Einzahlungen einzeln ausgewiesen und den jeweiligen Gesellschaftern der Höhe nach zugeordnet. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Einzahlungen des A, B, C und D zu einer Werterhöhung der Anteile der E geführt hätten, und erließ gegenüber der E mehrere Schenkungsteuerbescheide. Diese legte gegen die Bescheide Einspruch ein und beantragte eine Aussetzung der Vollziehung.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gewährte die Aussetzung der Vollziehung, weil es ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Schenkungsteuerbescheide gab:

  • Zwar unterliegt eine disquotale Einlage der Schenkungsteuer, wenn sich hierdurch der Wert der Anteile eines anderen Gesellschafters der GmbH erhöht. Es ist jedoch zweifelhaft, ob der Wert der Anteile der E durch die disquotalen Einlagen von A, B, C und D erhöht wurde.

  • Aus den Beschlüssen der Gesellschafter der X-GmbH der Jahre 2018 und 2019 sowie aus den Jahresabschlüssen für die Jahre 2013 bis 2019 ergibt sich, dass im Fall der Liquidation oder Auflösung der X-GmbH nur die einzahlenden Gesellschafter, also A, B, C und D, von ihren Einzahlungen profitieren sollten, nicht aber E. Denn die in die Kapitalrücklage eingestellten Beträge wurden dem jeweils einzahlenden Gesellschafter und damit gesellschafterbezogen zugeordnet. Die E profitierte daher von den Einzahlungen nicht.

  • Offenbleiben kann, ob sich ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Schenkungsteuerbescheide auch daraus ergeben, dass die Gesellschafter, die disquotale Einlagen erbrachten, im Verhältnis ihrer Finanzierungsleistungen an den Gewinnausschüttungen teilnahmen, so dass ihren disquotalen Einlagen eine Gegenleistung in Form entsprechend erhöhter Ausschüttungen gegenüberstanden.

Hinweise: Der BFH weist darauf hin, dass bislang noch nicht abschließend geklärt ist, ob die Wirksamkeit einer gesellschafterbezogenen Zuordnung der Kapitalrücklage eine satzungsmäßige Grundlage erfordert. Da es sich um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelte, musste der BFH diese Frage nicht entscheiden; vielmehr genügte es für die Annahme ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide, dass nach der überwiegenden Auffassung des juristischen Schrifttums die Schenkungsteuerbarkeit jedenfalls dann entfällt, wenn die disquotale Einlage aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung dem einzahlenden Gesellschafter persönlich zugeordnet wird.

Auch die die Finanzverwaltung hält es nicht für erforderlich, dass in der Satzung eine Vereinbarung über die persönliche Zuordnung der Einzahlungen getroffen werden muss, sondern es genügt eine entsprechende „reguläre“ schuldrechtliche Vereinbarung unter den Gesellschaftern.

Quelle: BFH, Beschluss vom 6.6.2025 – II B 43/24 (AdV); NWB


Finanzverwaltung zur Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für Rechnungen und zur Gutschrifterteilung an Nicht-Unternehmer

11.08.2025 08:35

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat zu zwei Änderungen des Umsatzsteuergesetzes, die im Jahr 2024 verabschiedet worden sind, Stellung genommen. Zum einen geht es um die Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für Rechnungen, zum anderen geht es um die Umsatzsteuerschuld eines nichtunternehmerisch tätigen Gutschriftempfängers, der einer Gutschrift, in der zu Unrecht Umsatzsteuer ausgewiesen wird, nicht unverzüglich widerspricht.

Hintergrund: Im Jahr 2024 sind zwei Gesetze verabschiedet worden, die zu verschiedenen Änderungen des Umsatzsteuergesetzes geführt haben. Das BMF greift nun zwei dieser Änderungen auf und erläutert diese. Zugleich ändert das BMF die Verwaltungsvorschriften, die für die Finanzämter verbindlich sind (nicht aber für die Finanzgerichte).

Inhalt des aktuellen BMF-Schreibens:

1. Verkürzung der umsatzsteuerlichen Aufbewahrungsfrist für Rechnungen

  • Die bisherige zehnjährige Aufbewahrungsfrist für Rechnungen ist mit Wirkung vom 1.1.2025 auf acht Jahre verkürzt worden.

  • Die Verkürzung gilt für alle Rechnungen, deren Aufbewahrungsfrist am 31.12.2024 noch nicht abgelaufen war. Damit brauchen nun Rechnungen, die vor dem 1.1.2017 ausgestellt worden sind, nach der neuen Gesetzesregelung nicht mehr aufbewahrt zu werden.

    Hinweis: Eine Ausnahme gilt für Banken und Versicherungen; für sie gilt die Neuregelung erst für Rechnungen, deren Aufbewahrungsfrist am 1.1.2026 noch nicht abgelaufen ist.

  • Trotz der Verkürzung der Aufbewahrungsfrist läuft die Aufbewahrungsfrist jedoch nicht ab, soweit und solange die Rechnungen noch für Steuern bedeutsam sind, für die die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist.

  • Die allgemeine Aufbewahrungspflicht für umsatzsteuerliche Aufzeichnungen, die zehn Jahre beträgt, ist nicht verkürzt worden. Dies gilt insbesondere für die Aufzeichnungen der Entgelte, der Bemessungsgrundlage und der angewandten Umsatzsteuersätze.

2. Neuregelung für Gutschriften an nicht unternehmerisch tätige Gutschriftempfänger

  • Wer unrichtig oder unberechtigt Umsatzsteuer in einer Rechnung ausweist, muss diese nach dem Gesetz an das Finanzamt abführen. Im Jahr 2024 wurde das Gesetz nun auf den Fall erstreckt, dass Umsatzsteuer in einer Gutschrift des Leistungsempfängers an einen nichtunternehmerisch tätigen Gutschriftenempfänger ausgewiesen wird und der Empfänger der Gutschrift nicht unverzüglich widerspricht; der Gutschriftempfänger muss dann die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Die Neuregelung gilt ab dem 6.12.2024.

    Hinweis: Bei der Gutschrift handelt es sich also nicht um einen Rabatt oder um ein Rechnungsstorno, sondern quasi um eine umgekehrte Rechnung, bei der der Leistungsempfänger über die Leistung durch Gutschrift abrechnet und den Gutschriftbetrag dem Gutschriftenempfänger überweist.

  • Mit einem nichtunternehmerisch tätigen Gutschriftenempfänger ist ein Nichtunternehmer gemeint sowie ein Unternehmer, der die in der Gutschrift genannte Leistung gar nicht ausgeführt hat.

  • Weitere Voraussetzung der Neuregelung ist, dass die Gutschrift auf einer vorherigen Vereinbarung beruht, dass eine Gutschrift erstellt wird, und dass der Gutschriftempfänger der fehlerhaften Gutschrift nicht unverzüglich widerspricht.

  • Durch einen unverzüglichen Widerspruch kann der Gutschriftempfänger also die Rechtsfolge vermeiden, dass er die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen muss. Der Gutschriftaussteller hat aufgrund des unverzüglichen Widerspruchs schon dem Grunde nach keinen Vorsteueranspruch.

    Hinweis: Die Neuregelung ist erforderlich geworden, weil der Bundesfinanzhof (BFH) fehlerhafte Gutschriften nicht als fehlerhafte Rechnungen angesehen hat. Daher musste zwar bislang der Aussteller einer Rechnung, der unberechtigt Umsatzsteuer ausweist, diese Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen, nicht aber der Gutschriftempfänger, der eine Gutschrift erhält, in der Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen wird, obwohl der Gutschriftempfänger kein Unternehmer ist oder aber die genannte Leistung gar nicht erbracht hat.

Quelle: BMF-Schreiben vom 8.7.2025 – III C 2 – S 7295/00005/003/080; NWB


Gewinnzuschlag bei Auflösung einer Rücklage für Veräußerungsgewinn

08.08.2025 08:21

Der Gewinnzuschlag von 6 %, der bei Auflösung einer Rücklage wegen nicht durchgeführter Reinvestition angesetzt wird, ist verfassungsgemäß.

Hintergrund: Ein Gewinn aus der Veräußerung einer betrieblichen Immobilie oder eines Schiffes kann durch eine Rücklage neutralisiert werden, die grundsätzlich innerhalb von vier Jahren auf ein neues Wirtschaftsgut (Immobilie oder Schiff) übertragen werden muss (sog. Reinvestition). Die Rücklage mindert dann die Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen auf das neue Wirtschaftsgut. Unterbleibt eine Reinvestition, muss die Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst werden und wird um einen sog. Gewinnzuschlag von 6 % des Rücklagenbetrags jährlich erhöht.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine Gesellschaft bürgerlichen Recht (GbR), die im Bereich der Land- und Forstwirtschaft tätig war. Das Wirtschaftsjahr der Klägerin wich vom Kalenderjahr ab und erstreckte sich vom 1.7. bis zum 30.6. Einen Gewinn aus der Veräußerung eines Betriebsgrundstücks erfasste die Klägerin gewinnneutral in einer Rücklage. Allerdings löste die Klägerin diese Rücklage nach zwei Jahren gewinnerhöhend auf, ohne eine Reinvestition durchgeführt zu haben. Dies führte zu einer Gewinnerhöhung in Höhe der gebildeten Rücklage sowie zum Ansatz eines Gewinnzuschlags von 6 % des Rücklagenbetrags für zwei Jahre. Die Klägerin wehrte sich gegen den Gewinnzuschlag und hielt ihn für verfassungswidrig.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Der Gewinnzuschlag wurde im Streitfall zu Recht angesetzt, da die Klägerin die gebildete Rücklage nach zwei Jahren aufgelöst hat, ohne die Reinvestition durchgeführt zu haben.

  • Der Gewinnzuschlag ist verfassungsgemäß. Er verstößt insbesondere nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Denn der Gewinnzuschlag entsteht nur, wenn der Steuerpflichtige von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht hat, eine Rücklage zwecks Neutralisierung eines Veräußerungsgewinns zu bilden und die Reinvestition nicht innerhalb der Reinvestitionsfrist von grundsätzlich vier Jahren durchzuführen bzw. die Rücklage vorher freiwillig aufzulösen.

  • Verfassungsrechtlich ist aufgrund der dem Steuerpflichtigen zustehenden Wahlrechte ein sachlicher Rechtfertigungsgrund für den Ansatz des Gewinnzuschlags ausreichend. Dieser sachliche Rechtfertigungsgrund besteht darin, dass mit dem Gewinnzuschlag der Steuerstundungsvorteil, der sich aufgrund der Bildung der Rücklage ergeben hat, rückgängig gemacht werden soll und dass eine missbräuchliche Inanspruchnahme des Rücklagewahlrechts vermieden werden soll.

  • Auch die Höhe von 6 % des Rücklagenbetrags pro Jahr der Bildung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Unbeachtlich ist, dass es ein strukturelles Niedrigzinsniveau gab und der Gewinnzuschlag im streitigen Zeitraum von 2018/2019 bis 2020/2021 deutlich über dem Zinsniveau lag. Denn der Gewinnzuschlag ist mit Nachzahlungszinsen nicht vergleichbar, da er von einem Wahlrecht des Steuerpflichtigen zur Bildung der Rücklage und zur Durchführung der Reinvestition abhängig ist. Der Gesetzgeber ist daher nicht verpflichtet, den Gewinnzuschlag realitätsgerecht und fremdkapitalkonform auszugestalten, sondern darf pauschal auf den Stundungsvorteil abstellen.

Hinweise: Der Steuerpflichtige hat grundsätzlich vier Jahre Zeit, die Reinvestition durchzuführen. Entscheidet er sich für die Herstellung eines neuen Gebäudes, verlängert sich die Frist auf sechs Jahre, wenn er mit der Herstellung vor dem Schluss des vierten Jahres nach Bildung der Rücklage begonnen hat.

Zwar ist der Gewinnzuschlag mit 6 % deutlich höher als die Zinsen im streitigen Zeitraum. Allerdings muss der Steuerpflichtige den Gewinnzuschlag nicht entrichten, sondern nur versteuern, so dass sich seine steuerliche Belastung nach seinem individuellen Steuersatz richtet. Zudem wird die Steuer, die aufgrund des Gewinnzuschlags entsteht, erst deutlich nach Ablauf des Veranlagungszeitraums festgesetzt.

Quelle: BFH, Urteil vom 20.3.2025 - VI R 20/23; NWB


Gewerbesteuerfreiheit für Pkw-Verkäufe einer Pflegeeinrichtung

06.08.2025 09:59

Der Gewinn einer Pflegeeinrichtung aus dem Verkauf von Kfz, die von den Pflegern für Hausbesuche eingesetzt wurden, ist gewerbesteuerfrei. Die Kfz gehörten nämlich zum gewerbesteuerfreien Bereich des Pflegeheims.

Hintergrund: Ambulante Pflegeeinrichtungen sind gewerbesteuerfrei, wenn die Pflegekosten in mindestens 40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH und betrieb eine ambulante Pflegeeinrichtung. Ihre Pfleger fuhren mit den Kfz der GmbH zu den Patienten. Die Klägerin verkaufte im streitigen Erhebungszeitraum mehrere dieser Kfz mit Gewinn. Das Finanzamt behandelte diesen Gewinn als gewerbesteuerpflichtig.

Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg gab der Klage statt und behandelte den Gewinn aus dem Kfz-Verkauf als gewerbesteuerfrei:

  • Zwar gilt die gesetzliche Gewerbesteuerfreiheit für ambulante Pflegeeinrichtungen nicht umfassend für den gesamten Gewinn, sondern ist auf den Gewinn beschränkt, der aus dem Pflegebetrieb stammt.

  • Zu dem Gewinn aus dem Pflegebetrieb gehören aber auch Gewinne aus dem Verkauf von Wirtschaftsgütern, die unmittelbar im Pflegebetrieb eingesetzt worden sind. Die Kfz wurden dazu genutzt, zu den pflegebedürftigen Patienten zu fahren und diese zu betreuen. Damit erstreckt sich die Gewerbesteuerfreiheit auch auf den Gewinn aus dem Verkauf der Kfz.

Hinweise: Die Gewinne aus dem Verkauf sind dadurch entstanden, dass die Kfz bereits weitgehend abgeschrieben waren, der Marktwert der Kfz aber höher war als der – geringe – Buchwert. Die Abschreibungen der Vorjahre gehörten ebenfalls zum gewerbesteuerfreien Gewinn, so dass es konsequent ist, nun auch den Gewinn aus dem Verkauf als gewerbesteuerfrei anzusehen.

Andere Gewinne, die nicht im Pflegebereich entstanden sind, sind hingegen gewerbesteuerpflichtig. Dies gilt z.B. für Zinsen aus Darlehen, die eine Pflegeeinrichtung anderen Pflegeeinrichtungen gewährt.

Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.3.2025 – 6 K 6113/23; NWB


Umsatzsteuer-Umrechnungskurse Juli 2025

05.08.2025 11:21

Das Bundesfinanzministerium hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Juli 2025 bekannt gegeben.

Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2025 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.

Quelle: BMF, Schreiben vom 1.8.2025 - III C 3 - S 7329/00014/007/100; NWB


Umsatzsteuerbarkeit der Corona-Schutzmaskenpauschale

01.08.2025 08:18

Die sog. Corona-Schutzmaskenpauschale, die Apotheken für die Abgabe von Schutzmasken an coronagefährdete Bürger während der Corona-Krise erhielten, unterlag der Umsatzsteuer. Denn es handelte sich bei der Pauschale um ein Entgelt eines Dritten für eine Lieferung des Apothekers an die coronagefährdeten Bürger.

Hintergrund: Umsatzsteuer entsteht bei einer Leistung eines Unternehmers gegen Entgelt. Nach dem Gesetz muss das Entgelt nicht zwingend vom Leistungsempfänger gezahlt werden, sondern kann auch von einem Dritten gezahlt werden.

Sachverhalt: Der Kläger war selbständiger Apotheker, der die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten ermittelte. Er gab ab dem 15.12.2020 bis zum 6.1.2021 an corona-gefährdete Bürger Schutzmasken ab. Am 18.12.2020 erließ der Nacht- und Notdienstfonds des Deutschen Apothekerverbands e.V. einen Auszahlungsbescheid gegenüber dem Kläger und setzte eine einmalige Pauschale für den Kläger fest, die noch im Jahr 2020 ausgezahlt wurde. Als Grund für die Festsetzung wurde die Abgabe von drei Schutzmasken pro anspruchsberechtigtem Bürger im Ausgabezeitraum vom 15.12.2020 bis zum 6.1.2021 genannt. Der Kläger sah den Auszahlungsbetrag als nicht umsatzsteuerbar an; jedoch ging das Finanzamt von der Umsatzsteuerbarkeit im Jahr 2020 aus.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Der Kläger war Unternehmer und führte Leistungen aus, da er Schutzmasken an vulnerable Gruppen lieferte. Es handelte sich nicht um eine Lieferung des Klägers an die gesetzliche Krankenversicherung. Zwar wird bei ärztlich verordneten Arzneimitteln eine Lieferung an die gesetzliche Krankenkasse angenommen; im Streitfall ging es aber nicht um die Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel, so dass ein Bezug zu einzelnen gesetzlichen Krankenkassen nicht bestand.

  • Der im Bescheid festgesetzte Betrag war das Entgelt eines Dritten, nämlich des Nacht- und Notdienstfonds des Deutschen Apothekerverbands e.V., für die Lieferung der Schutzmasken. Nach der Begründung des Bescheids wurde die Pauschale für die Abgabe der Schutzmasken an vulnerable Personengruppen festgesetzt.

  • Unbeachtlich ist, dass die Pauschale geleistet wurde, bevor der Kläger alle Schutzmasken geliefert hat. Denn bei der Versteuerung nach vereinbarten Entgelten unterliegen auch Anzahlungen der Umsatzsteuer, wenn bereits feststeht, welche Leistung ausgeführt werden wird.

Hinweise: Einen nicht umsatzsteuerbaren Zuschuss lehnte der BFH ab. Denn die Pauschale wurde nicht ausschließlich aus gesundheitspolitischen Gründen gezahlt. Insbesondere ging es nicht um eine finanzielle Unterstützung der Apotheken, sondern um eine schnelle Versorgung der vulnerablen Gruppen mit Schutzmasken.

Unbeachtlich war auch, dass es sich um einen Pauschalbetrag handelte. Für die Umsatzsteuer kommt es nämlich nicht darauf an, ob das Entgelt dem Wert der Leistung entspricht. Der BFH ließ offen, ob Umsatzsteuer auch dann entstanden wäre, wenn der Kläger gar keine Schutzmasken geliefert hätte.

Quelle: BFH, Urteil vom 6.2.2025 - V R 24/23; NWB


Ausgleichszahlungen für Zinsswap als Betriebsausgaben

31.07.2025 08:12

Ein Unternehmer kann Ausgleichszahlungen für einen Zinsswap nur dann als Betriebsausgaben abziehen, wenn der Zinsswap mit einem betrieblichen Darlehen hinreichend eng miteinander verknüpft ist und wenn der Unternehmer den Zinsswap als betriebliches Geschäft behandelt, also die laufenden Zahlungen für den Zinsswap sogleich in der laufenden Buchführung und nicht erst im Jahresabschluss als Betriebsausgaben erfasst.

Hintergrund: Mit einem Zinsswap wird das Risiko der Zinsänderung für einen Darlehensvertrag abgesichert. Je nach Zinsentwicklung kann ein Zinsswap zu Aufwand oder Ertrag führen, der die gegenläufige Zinsentwicklung aus dem Darlehensvertrag teilweise kompensiert.

Sachverhalt: Der Kläger war Landwirt, der ein Weingut betrieb und bilanzierte; sein Wirtschaftsjahr ging vom 1.7. bis zum 30.6. Er plante, sein Weingut zu vergrößern und hierfür ein weiteres Grundstück zu erwerben. Die Betriebserweiterung wollte er mit einem Bankkredit finanzieren. Der Kläger schloss im Jahr 2011 sowie im Streitjahr 2012 einen Zinsswap-Vertrag bei der X-Bank und bei der Y-Bank ab. Für den zweiten Vertrag mit der Y-Bank aus dem Jahr 2012 verpflichtete sich die A-Bank als Bürgin; hierfür zahlte der Kläger eine Avalprovision an die A-Bank. Der Erwerb des weiteren Grundstücks verzögerte sich und kam erst im Jahr 2015 zustande, so dass der Kläger auch erst im Dezember 2015 den Betriebskredit bei der A-Bank aufnahm. Dem Kläger entstanden im Wirtschaftsjahr 2011/2012 für die beiden Zwinsswap-Geschäfte Aufwendungen, die er ebenso wie die Avalprovision zunächst von seinem Privatkonto beglich. Erst im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten zum 30.6.2013, die im Dezember 2013 erfolgten, sowie zum 30.6.2014, die im April 2015 stattfanden, buchte er die Aufwendungen als Einlage. Er machte bereits im Jahr 2012 den Betriebsausgabenabzug für die von ihm geleisteten Aufwendungen geltend. Das Finanzamt lehnte den Betriebsausgabenabzug ab und ordnete die Aufwendungen den Kapitaleinkünften zu.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die steuerliche Zuordnung eines Zinsswap-Geschäfts zum betrieblichen Bereich setzt voraus, dass das Zinsswap-Geschäft mit einem betrieblichen Kredit hinreichend verknüpft ist. Dies verlangt, dass beide Verträge zeitgleich mit zumindest annähernd übereinstimmenden Laufzeiten abgeschlossen werden, inhaltlich aufeinander Bezug nehmen, die gleiche Zweckbestimmung haben und der Bezugsanfangsbetrag des Zinsswap-Vertrags fortlaufend den Restschuldbeträgen des Darlehensvertrags entspricht, die sich laufend reduzieren.

  • Die betriebliche Zuordnung eines Zinsswap-Geschäfts kann auch dann zu bejahen sein, wenn beide Geschäfte – das Zinsswap-Geschäft und der Kreditvertrag – zeitlich auseinanderfallen, jedoch beide Verträge inhaltlich aufeinander abgestimmt sind oder sich zumindest auf ein einheitliches Finanzierungskonzept stützen.

  • Im Streitfall konnte offenbleiben, ob beide Verträge hinreichend miteinander verknüpft waren. Der Betriebsausgabenabzug scheiterte jedenfalls daran, dass der Kläger das Zinsswap-Geschäft nicht von vornherein als betriebliches Geschäft behandelt und die Aufwendungen nicht sogleich in seiner Buchführung erfasst hat. Vielmehr hat er erst im Rahmen der Jahresabschlüsse zum 30.6.2013 und zum 30.6.2014 die Aufwendungen, die er zuvor von seinem Privatkonto beglichen hatte, betrieblich als Einlage nachgebucht.

  • Nur wenn der Unternehmer die Aufwendungen für den Zinsswap sogleich in der laufenden Buchführung als Betriebsausgabe erfasst, lässt sich von Anbeginn erkennen, ob der Unternehmer den Zinsswap tatsächlich aus betrieblichen Gründen eingegangen ist.

Hinweise: Der Kläger ist damit an der sogleich erforderlichen Erfassung in der Buchführung gescheitert. Möglicherweise wäre aber auch der zeitliche Abstand zwischen den beiden Zinsswap-Verträgen in den Jahren 2011 und 2012 sowie dem Betriebskredit im Jahr 2015 zu groß gewesen. Der BFH ließ ferner offen, ob der Betriebsausgabenabzug auch an der fehlenden Identität der Vertragspartner gescheitert wäre; denn den Zinsswap schloss der Kläger mit der X-Bank und Y-Bank ab, während er den Betriebskredit bei der A-Bank aufnahm.

Die geltend gemachten Aufwendungen für den Zinsswap sowie die Avalprovision waren somit nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen, sondern wurden als spekulatives betriebsfremdes Termingeschäft den Einkünften aus Kapitalvermögen zugerechnet. Für den Kläger hat dies den Nachteil, dass die Aufwendungen nicht mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden dürfen, sondern nur mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen.

Quelle: BFH, Urteil vom 10.4.2025 - VI R 11/22; NWB


Aktivierung des Provisionsanspruchs eines Versicherungsvertreters

29.07.2025 10:05

Ein bilanzierender Versicherungsvertreter muss den Provisionsanspruch, den er aufgrund der Vermittlung einer Versicherung vom Versicherungsunternehmen erhält, aktivieren, sobald der Anspruch nach dem Provisionsvertrag zivilrechtlich entstanden ist. Vereinbart werden kann z.B., dass der Anspruch bereits mit der Vermittlung des Versicherungsvertrags oder aber erst nach der Zahlung einer bestimmten Anzahl von Versicherungsprämien durch den Versicherungsnehmer entsteht.

Hintergrund: Ist ein Versicherungsvertreter selbständig tätig, ist er Handelsvertreter. Er kann seinen Gewinn durch Bilanzierung oder aber durch Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln. Bei der Bilanzierung muss er entstandene Provisionsansprüche gewinnerhöhend aktivieren, während es bei der Einnahmen-Überschussrechnung auf den Zufluss der Provision ankommt.

Sachverhalt: Der Kläger war selbständiger Versicherungsvertreter, der für das Versicherungsunternehmen U Versicherungen vermittelte. Er ermittelte seinen Gewinn durch Bilanzierung. Der Inhalt des Provisionsvertrags ist von der Vorinstanz nicht festgestellt worden. Das Finanzamt war der Auffassung, dass der Kläger zum 31.12.2008 und zum 31.12.2010 Provisionen in Höhe von ca. 70.000 € und in Höhe von ca. 32.000 €, die U in einer sog. Jahresabrechnung als „Soll-Rückstellung“ ausgewiesen hatte, aktivieren müsse. Hiergegen wehrte sich der Kläger.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:

  • Forderungen sind zu aktivieren, wenn sie realisiert sind. Eine Realisierung ist zu bejahen, wenn die Forderung entweder rechtlich entstanden ist oder wenn die für die Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt worden sind und der Steuerpflichtige mit der künftigen Entstehung der Forderung fest rechnen kann.

  • Ein Versicherungsvertreter erlangt grundsätzlich einen Provisionsanspruch erst dann, wenn der Versicherungsnehmer die Versicherungsprämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Provisionsvertrag berechnet. In diesem Fall kommt es darauf an, wie viele Prämienzahlungen der Versicherungsnehmer leisten muss, damit der Provisionsanspruch entsteht.

  • Sollte die Provision nach dem Provisionsvertrag also erst mit der vollständigen Zahlung der ersten Jahresprämie entstehen und muss der Versicherungsnehmer nach dem Versicherungsvertrag die Versicherungsprämien monatlich zahlen, entsteht der Provisionsanspruch erst nach Zahlung der letzten Monatsrate durch den Versicherungsnehmer für das erste Versicherungsjahr.

  • Zahlt U als Versicherungsunternehmen allerdings schon vor der Entstehung des Anspruchs die Provision an den Versicherungsvertreter, handelt es sich um einen Provisionsvorschuss. Dieser Provisionsvorschuss erhöht noch nicht den Gewinn, sondern ist als erhaltene Anzahlung gewinnneutral zu passivieren.

  • Vereinbaren das Versicherungsunternehmen und der Versicherungsvertreter hingegen, dass der Provisionsanspruch bereits mit der Vermittlung des Versicherungsvertrags entsteht, ist der Provisionsanspruch bereits in diesem Zeitpunkt zu aktivieren.

  • Im Streitfall lässt sich nicht prüfen, ob und ggf. wann die Provisionsansprüche des Klägers entstanden sind, weil das FG den Inhalt des Provisionsvertrags nicht festgestellt hat. Daher muss das FG nun den Sachverhalt weiter aufklären und prüfen, wann die Provisionsansprüche nach der getroffenen Provisionsvereinbarung entstanden sind.

Hinweise: Für die Frage der Aktivierung kommt es auf die Fälligkeit der Provision nicht an. Entscheidend ist also allein die Entstehung des Provisionsanspruchs.

Ist der Provisionsanspruch entstanden, muss er aktiviert werden. Es kann allerdings sein, dass der Versicherungsvertreter nach der Provisionsvereinbarung noch ein Stornorisiko hat. Dies ist der Fall, wenn die – bereits entstandene – Provision ganz oder teilweise zurückzuzahlen ist, wenn der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines bestimmten Zeitraums kündigt. Besteht ein solches Stornorisiko, kann es geboten sein, die Aktivierung des Provisionsanspruchs mit einem niedrigeren Wert vorzunehmen, so dass eine vollständige Gewinnrealisierung erst mit dem Ablauf des Stornozeitraums eintritt. Alternativ kann eine Rückstellung für Stornorisiken gewinnmindernd passiviert werden.

Quelle: BFH, Urteil vom 30.4.2025 – X R 12-13/22; NWB


Umsatzsteuer: Aufteilung des Entgelts eines Hamburger-Sparmenüs

25.07.2025 08:08

Bietet der Betreiber eines Imbissrestaurants ein sog. Sparmenü zum Mitnehmen an, das aus Fast Food und einem Getränk besteht, muss das Entgelt aufgeteilt werden, da das Getränk einem Umsatzsteuersatz von 19 % unterliegt, während für das Fast-Food zum Mitnehmen nur ein Umsatzsteuersatz von 7 % gilt. Diese Aufteilung kann nach dem Verhältnis der Einzelverkaufspreise erfolgen.

Hintergrund: Für einfaches zubereitetes Essen zum Mitnehmen gilt ein Umsatzsteuersatz von 7 %. Hingegen werden Getränke, die ein Restaurant verkauft, mit 19 % versteuert.

Sachverhalt: In zwei ähnlich gelagerten Fällen betrieb jeweils eine GmbH ein Hamburger-Schnellrestaurant. Sie bot u.a. sog. Sparmenüs zum Mitnehmen an, die aus Fast Food (z.B. Hamburger oder Pommes Frites) und einem Getränk bestanden. Sie teilte das Entgelt nach der sog. Food-and-Paper-Methode auf, d.h. nach dem Verhältnis der Wareneinkaufspreise; die Wareneinkaufspreise wurden über die EDV der GmbH tagesaktuell bereitgestellt. Das Finanzamt hielt die Food-and-Paper-Methode für ungeeignet und teilte die Entgelte für die verkauften Sparmenüs zum Mitnehmen nach dem Verhältnis der Einzelverkaufspreise auf.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) folgte der Aufteilungsmethode des Finanzamts und wies die hiergegen gerichteten Klagen ab:

  • Das Entgelt für das Sparmenü muss aufgeteilt werden, da die Kläger mit dem Verkauf eines Sparmenüs zum Mitnehmen zwei Lieferungen ausgeführt haben, nämlich die Lieferung eines Getränks zum Umsatzsteuersatz von 19 % sowie die Lieferung von Essen zum Mitnehmen (Lebensmittel) zum Umsatzsteuersatz von 7 %.

  • Es handelte sich nicht um einheitliche Lieferungen, da Getränke und Essen unabhängig voneinander bestellt und konsumiert werden können. So kann der Kunde entweder nur ein Getränk oder nur ein Essen oder aber ein Menü bestellen.

  • Für die Aufteilung eines Entgelts ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die einfachstmögliche Berechnungs- oder Bewertungsmethode zu verwenden. Dies ist grundsätzlich die Aufteilung nach Marktwerten bzw. nach Einzelverkaufspreisen. Das Finanzamt hat dies gemacht und das Entgelt nach dem Verhältnis der Einzelverkaufspreise für das Essen und für das Getränk aufgeteilt.

  • Die sog. Food and Paper-Methode, bei der die Aufteilung nach dem Verhältnis der Wareneinkaufspreise erfolgt, war in den Streitfällen nicht zulässig, da sie der geschäftlichen und wirtschaftlichen Realität widersprach. So war es möglich, dass sich nach der Aufteilung für einen Hamburger ein Preis ergeben konnte, der deutlich über dem Einzelverkaufspreis des Hamburgers lag. Außerdem wirkte sich eine Veränderung bei den Einkaufspreisen über die EDV sofort aus, obwohl die neu eingekauften Waren in der Regel erst eine Woche später in den Schnellrestaurants verarbeitet wurden.

Hinweise: Auch wenn der BFH die sog. Food-and-Paper-Methode in der aktuellen Entscheidung abgelehnt hat, bedeutet dies keine allgemeine Ablehnung der Aufteilung nach Einkaufspreisen. Die Aufteilung darf jedoch nicht dazu führen, dass sich für einen Hamburger ein höherer Preis als der Einzelverkaufspreis ergibt oder dass veränderte Einkaufspreise zu einer Veränderung des Aufteilungsschlüssels führen, bevor die Waren eingesetzt werden.

Die Aufteilung nach Einkaufspreisen, wie bei der sog. Food-and-Paper-Methode, ist für den Unternehmer günstiger, wenn er Getränke, die dem regulären Steuersatz von 19 % unterliegen, mit einem hohen Aufschlag verkauft. Legt er nämlich die Einkaufspreise zu Grunde, entfällt ein relativ geringer Anteil des Gesamtentgelts auf das Getränk, da dessen Einkaufspreis vergleichsweise niedrig ist.

Quelle: BFH, Urteile vom 22.1.2025 - XI R 19/23 und XI R 22/22; NWB


Umsatzsteuerfreiheit für Reitunterricht

22.07.2025 08:17

Reitunterricht ist grundsätzlich nicht umsatzsteuerfrei, weil es sich beim Reitunterricht nicht um umsatzsteuerfreien Schul- oder Hochschulunterricht handelt. Allerdings kann es im Einzelfall in Betracht kommen, Reitunterricht von der Umsatzsteuer zu befreien, wenn er dazu dient, den Beruf eines Turniersportreiters zu erlernen.

Hintergrund: Leistungen, die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienen oder die auf einen Beruf vorbereiten, sind unter bestimmten Voraussetzungen umsatzsteuerfrei.

Sachverhalt: Die K-GmbH betrieb in den Jahren 2007 bis 2011 einen Reiterhof. Sie führte Reitkurse für Kinder und Jugendliche durch. Der Reitunterricht wurde zum einen in der „Ponygruppe“ erteilt; hier sollten Kinder den Umgang mit Ponys erlernen. Zum anderen gab es die „Große Pferdegruppe“, die zwei Wochen dauerte und in der die Jugendlichen bzw. Kinder ein Leistungsabzeichen erwerben konnten. Das Leistungsabzeichen ermöglichte den Einstieg in den Pferdeturniersport und konnte auch für eine Ausbildung zum Pferdewachwirt nützlich sein. Ferner bot die K-GmbH Schulen an, Klassenfahrten zum Reiterhof durchzuführen; die Schüler wurden auf dem Reiterhof untergebracht und verpflegt. Die K-GmbH behandelte ihre Umsätze als umsatzsteuerfrei, während das Finanzamt von einer Umsatzsteuerpflicht ausging. Das Finanzgericht (FG) bejahte die Umsatzsteuerfreiheit für die Umsätze aus der Teilnahme an der „Großen Pferdegruppe“ sowie für die Umsätze aus der Unterbringung und Verpflegung. Hiergegen legte das Finanzamt Revision ein.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Revision zum Teil statt:

  • Im Ergebnis ist es nicht zu beanstanden, dass das FG die Umsatzsteuerfreiheit für die Umsätze aus der Teilnahme an der „Großen Pferdegruppe“ angenommen hat. Zwar stellt Reitunterricht keinen umsatzsteuerfreien Schul- oder Hochschulunterricht dar, da er nur der Ausübung eines Hobbys dient.

  • Allerdings kann Reitunterricht umsatzsteuerfrei sein, wenn er auf einen bestimmten Beruf wie z.B. den Turniersportreiter vorbereitet. Das FG hat dies bezüglich der „Großen Pferdegruppe“ bejaht, weil das Leistungsabzeichen, das bei Teilnahme an der „Großen Pferdegruppe“ erworben werden kann, Voraussetzung ist, um in den Pferdeturniersport einzusteigen, um dort beruflich tätig zu werden.

Hinweise: Die Umsätze aus der Gewährung von Unterkunft und Verpflegung waren nicht umsatzsteuerfrei. Nach der in den Streitjahren gültigen Rechtslage war zwar die Beherbergung und Beköstigung von Jugendlichen zum Zwecke der Erziehung, Aus- oder Fortbildung umsatzsteuerfrei. Erforderlich war aber, dass diese Leistungen durch eine Einrichtung mit sozialem Charakter erbracht wurde. Der Reiterhof war keine solche Einrichtung.

Auch nach aktueller Rechtslage muss es sich um eine Einrichtung mit sozialem Charakter handeln. Hierunter ist nach dem Gesetz eine Einrichtung zu verstehen, die entweder auf Grund gesetzlicher Regelungen im Bereich der sozialen Sicherheit tätig wird oder deren Leistungen im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergütet wurden.

Quelle: BFH, Urteil vom 22.1.2025 – XI R 9/22; NWB


Unentgeltlicher Erwerb eigener Anteile einer GmbH durch GmbH-Gesellschafter

21.07.2025 10:06

Erhält ein GmbH-Gesellschafter unentgeltlich eigene Anteile der GmbH, führt dies dem Grunde nach zu einer verdeckten Gewinnausschüttung beim Gesellschafter. Denn der Gesellschafter erlangt einen Vorteil in Gestalt der GmbH-Anteile, für den er nichts bezahlen muss, so dass eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis anzunehmen ist. Unbeachtlich ist, dass die Übertragung bei der GmbH keine bilanzielle Vermögensminderung auslöst.

Hintergrund: Kommt es bei einer Kapitalgesellschaft zu einer Vermögensminderung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und nicht zu einer offenen Gewinnausschüttung gehört, wird dies als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt und dem Einkommen der Kapitalgesellschaft wieder hinzugerechnet. Auch beim Gesellschafter wird eine verdeckte Gewinnausschüttung erfasst, und zwar als Einnahmen aus Kapitalvermögen. Ein typisches Beispiel für eine verdeckte Gewinnausschüttung ist ein überhöhtes Gehalt für den Gesellschafter-Geschäftsführer oder die Gewährung eines zinslosen Darlehens an den Gesellschafter.

Sachverhalt: Der Kläger war einziger Gesellschafter der A-GmbH. Der Kläger hielt 2/3 der Anteile, während die A-GmbH im Umfang von 1/3 einen eigenen Anteil hielt. Die A-GmbH übertrug im Jahr 2016 ihren eigenen Anteil unentgeltlich auf den Kläger. Das Finanzamt setzte beim Kläger im Veranlagungszeitraum 2016 eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe des gemeinen Wertes des Anteils an. Das Finanzgericht erließ ein sog. Zwischenurteil und bejahte eine verdeckte Gewinnausschüttung dem Grunde nach. Hiergegen legte der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof (BFH) ein.

Entscheidung: Der BFH wies die Nichtzulassungsbeschwerde zurück:

  • Es lag eine verdeckte Gewinnausschüttung dem Grunde nach vor. Die A-GmbH hat dem Kläger einen Vermögenvorteil zugewendet, indem sie ihm ihren eigenen Anteil unentgeltlich übertragen hat.

  • Der eigene Anteil der A-GmbH stellte für den Kläger einen Vermögensvorteil dar, weil er bei ihm zu einem vollwertigen Anteil wiederauflebte, den der Kläger z.B. veräußern und dessen Gewinnbezugs- und Stimmrechte er ausüben konnte. Unbeachtlich ist, dass der eigene Anteil für die GmbH keinen Wert hatte, weil die Gewinnbezugs- und Stimmrechte, die mit dem Anteil verbunden sind, ruhten. Ebenso war irrelevant, dass es bei der GmbH nicht zu einer Vermögensminderung kam, weil die eigenen Anteile bilanzrechtlich auf der Passivseite auszuweisen waren. Denn im Streitfall ging es nicht um eine verdeckte Gewinnausschüttung bei der GmbH, für die eine Vermögensminderung erforderlich wäre, sondern es ging um den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung beim Gesellschafter als Einnahme aus Kapitalvermögen; hierfür ist keine Vermögensminderung auf der Ebene der GmbH erforderlich. Der Vorteil, den der Gesellschafter erhält, muss also nicht einer Vermögensminderung bei der GmbH entsprechen.

  • Die für den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung erforderliche Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis war zu bejahen, da die Übertragung unentgeltlich erfolgt war.

Hinweise: Mit seiner aktuellen Entscheidung hat der BFH die verdeckte Gewinnausschüttung nur dem Grunde nach bejaht, da es in dem angefochtenen Zwischenurteil allein um die Frage ging, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorlag. Über die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung muss nun das Finanzgericht im weiteren Verlauf des Verfahrens entscheiden. Der BFH deutet in seinem aktuellen Beschluss an, dass der Wert niedrig sein könnte und möglicherweise sogar lediglich mit Null anzusetzen ist. Denn der Kläger hat durch den eigenen Anteil nichts Substantielles hinzugewonnen; da er bereits vor der Übertragung des Anteils (faktisch) Alleingesellschafter war.

Dem BFH zufolge darf es aber nicht zu einer Mehrfachbesteuerung kommen; diese könnte entstehen, wenn das Finanzamt eine verdeckte Gewinnausschüttung ansetzt und bei anschließender Veräußerung des vom Gesellschafter erlangten Anteils einen Veräußerungsgewinn besteuert, der dadurch entsteht, dass das Finanzamt Anschaffungskosten in Höhe von 0 € abzieht.

Quelle: BFH, Beschluss vom 13.5.2025 – VIII B 33/24; NWB


Steuerliches Investitionsprogramm verabschiedet

17.07.2025 10:50

Am 11.07.2025 hat der Bundesrat dem sog. Gesetz für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland zugestimmt. Die nun final verabschiedeten Regelungen sehen steuerliche Erleichterungen für Unternehmer, die Investitionen durchführen, vor. Sie treten grundsätzlich am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft.

Nachfolgend stellen wir Ihnen die wesentlichen Regelungen vor:

  • Wiedereinführung und Verbesserung der degressiven Absetzung für Abnutzung: Für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 30.6.2025 und vor dem 1.1.2028 angeschafft oder hergestellt werden, kann der Steuerpflichtige eine sog. degressive Absetzung für Abnutzung (Abschreibung) in Anspruch nehmen. Die degressive Abschreibung beträgt maximal das Dreifache der regulären linearen Abschreibung, die sich nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer richtet, und sie darf 30 % nicht übersteigen. Bemessungsgrundlage für eine degressive Abschreibung sind im ersten Jahr die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, in den Folgejahren jeweils der Buchwert des letzten Wirtschaftsjahres.

    Beispiel: Wird eine Maschine im Januar 2026 zum Preis von 100.000 € erworben, deren Nutzungsdauer zehn Jahre beträgt, beläuft sich die degressive Abschreibung für 2026 auf 30 % (= 30.000 €), da die lineare Abschreibung 10 % betragen würde. Der Buchwert zum 31.12.2026 beträgt somit 70.000 €. Für 2027 ergibt sich dann eine degressive Abschreibung in Höhe von 21.000 € (30 % von 70.000 €, Buchwert zum 31.12.2027 somit 49.000 €). Für 2028 beträgt die degressive Abschreibung dann 14.700 € (30 % von 49.000 €).

    Hinweis: Eine degressive Abschreibung gibt es bereits für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.3.2024 und vor dem 1.1.2025 oder die bis zum 31.12.2022 angeschafft oder hergestellt worden sind. Diese degressive Abschreibung ist allerdings jeweils niedriger als die nun beschlossene neue degressive Abschreibung.

  • Eingeführt wird eine spezielle degressive Abschreibung für betrieblich genutzte Elektrofahrzeuge, die nach dem 30.6.2025 und vor dem 1.1.2028 angeschafft werden. Die Fahrzeuge können wie folgt abgeschrieben werden: 75 % im Jahr der Anschaffung, 10 % im 2. Jahr, jeweils 5 % im 3. und im 4. Jahr, 3 % im 5. Jahr und 2 % im 6. Jahr. Das Elektrofahrzeug kann nach der geplanten Gesetzesänderung somit nach sechs Jahren vollständig abgeschrieben werden.

    Hinweis: Es dürfen jedoch nicht zugleich auch Sonderabschreibungen für das Fahrzeug in Anspruch genommen werden.

  • Die Privatnutzung eines betrieblichen Fahrzeugs muss als Entnahme versteuert werden. Bei einer betrieblichen Nutzung von mehr als 50 % kann die Entnahme nach der sog. 1 %-Methode bewertet werden, d.h. mit 1 % des Bruttolistenpreises (zzgl. Kosten der Sonderausstattung und einschließlich Umsatzsteuer) monatlich. Bei Elektro- oder Hybridfahrzeugen kommt ein geringerer Entnahmewert von 0,5 % des Bruttolistenpreises monatlich (bei extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen) bzw. von 0,25 % (bei reinen Elektrofahrzeugen) in Betracht. Allerdings darf nach der derzeitigen Regelung der Bruttolistenpreis eines reinen Elektrofahrzeugs den Betrag von 70.000 € nicht übersteigen. Diese Grenze wird nun auf 100.000 € angehoben und gilt für Fahrzeuge, die nach dem 30.6.2025 angeschafft werden.

    Hinweis: Die sog. Bruttolistenpreismethode ist besonders relevant bei der Überlassung eines Dienstwagens an Arbeitnehmer, weil der geldwerte Vorteil, der sich aus der Nutzungsmöglichkeit für private Fahrten ergibt, bei reinen Elektrofahrzeugen nur mit 0,25 % des Bruttolistenpreises monatlich bewertet wird. Die Erhöhung der Grenze von 70.000 € auf 100.000 € kommt Arbeitnehmern zugute, denen höherpreisige Elektrofahrzeuge als Dienstwagen überlassen werden.

  • Einzelunternehmen und Personengesellschaften, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus Land- und Forstwirtschaft erzielen, können die sog. Thesaurierungsbesteuerung wählen, so dass der nicht entnommene (thesaurierte) Gewinn lediglich mit 28,25 % besteuert wird. Dieser Thesaurierungssteuersatz für nicht entnommene Gewinne wird in drei Stufen gesenkt, und zwar auf 27 % für die Veranlagungszeiträume 2028 und 2029, auf 26 % für die Veranlagungszeiträume 2030 und 2031 sowie auf 25 % für die Veranlagungszeiträume ab 2023.

  • Außerdem wird der aktuelle Körperschaftsteuersatz von 15 % ab dem jährlich um einen Prozentpunkt bis auf 10 % gesenkt. Danach ergeben sich folgende Steuersätze:

    VeranlagungszeitraumKörperschaftsteuersatz
    bis 2027 15 %
    2028 14 %
    2029 13 %
    203012 %
    203111 %
    ab 203210 %

    Hinweis: Zu beachten ist, dass bei Kapitalgesellschaften grundsätzlich noch die Gewerbesteuer hinzukommt, die je nach Höhe des von der Gemeinde festgelegten Gewerbesteuerhebesatzes meist mehr als 15 % beträgt, und dass der Gesellschafter bei einer Ausschüttung des Gewinns noch die Dividende in der Regel mit einem Abgeltungsteuersatz von 25 % versteuern muss.

  • Schließlich wird auch die Forschungszulage ab 2026 erhöht. Zum einen werden zusätzliche Gemeinkosten und bestimmte sonstige Betriebskosten in die Bemessungsgrundlage für die Forschungszulage eingehen. Zum anderen wird der Höchstbetrag der Forschungszulage von derzeit 10 Mio. € auf 12 Mio. € jährlich erhöht. Auch werden die förderfähigen Aufwendungen für Eigenleistungen und Tätigkeitsverfügungen von 70 € auf 100 € erhöht.

    Hinweis: Die Forschungszulage wird nicht ausgezahlt, sondern auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer angerechnet.

Quelle: Gesetz für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland; NWB


Anrechnung der Gewerbesteuer bei Personengesellschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr

11.07.2025 08:24

Bei einer unternehmerisch tätigen Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft), die ein abweichendes Wirtschaftsjahr hat, richtet sich der Anteil des einzelnen Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag, der ihm die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer ermöglicht, nach der Beteiligung des Mitunternehmers am Ende des abweichenden Wirtschaftsjahres. Stirbt der Mitunternehmer nach dem Ende des abweichenden Wirtschaftsjahres, aber vor dem Ende des Kalenderjahres, wird für ihn ein Anteil am Gewerbesteuermessbetrag festgestellt.

Hintergrund: Gewerbesteuerpflichtige Einzelunternehmer können sich die Gewerbesteuer bis zur Höhe von 400 % des Gewerbesteuermessbetrags auf die Einkommensteuer anrechnen lassen. Dies erfolgt durch eine sog. Ermäßigung der Einkommensteuer. Im Ergebnis unterbleibt damit eine Doppelbelastung durch Einkommen- und Gewerbesteuer, soweit der Hebesatz zur Gewerbesteuer nicht höher als 400 % ist.

Die Anrechnung der Gewerbesteuer ist auch bei gewerbesteuerpflichtigen Personengesellschaften möglich, soweit an der Personengesellschaft natürliche Personen beteiligt sind. Hierzu wird der Anteil des einzelnen Gesellschafters am Gewerbesteuermessbetrag der Mitunternehmerschaft einheitlich und gesondert festgestellt; die eigentliche Anrechnung der Gewerbesteuer erfolgt dann im Einkommensteuerbescheid des Gesellschafters.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, die ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1.7. bis zum 30.6. hatte. An der Klägerin war H mit 96,15 % beteiligt. H verstarb im August 2018 und wurde von seiner Ehefrau E und seiner Tochter T beerbt. Das Finanzamt stellte im Gewinnfeststellungsbescheid für 2018, in den der Gewinn aus dem Wirtschaftsjahr 1.7.2017 bis 30.6.2018 einging, für den verstorbenen H keinen Anteil am Gewerbesteuermessbetrag fest, sondern nur für E und T, weil diese am 31.12.2018 an der Klägerin beteiligt waren. Hiergegen wehrte sich die Klägerin, weil sie auf das Ende des abweichenden Wirtschaftsjahres (30.6.2018) abstellte, an dem H noch beteiligt gewesen war.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

  • Hat eine Mitunternehmerschaft ein abweichendes Wirtschaftsjahr, kommt es für die Feststellung des Anteils des einzelnen Gesellschafters am Gewerbesteuermessbetrag auf das Ende des abweichenden Wirtschaftsjahres (30.6.2018) und nicht auf das Ende des Kalenderjahres (31.12.2018) an. Am 30.6.2018 war H aber noch an der Klägerin beteiligt.

  • Dass es auf das Ende des abweichenden Wirtschaftsjahres ankommt, ergibt sich daraus, dass der Gewinn der Mitunternehmerschaft nach dem Wirtschaftsjahr und nicht nach dem Kalenderjahr ermittelt wird. Für die Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrags kommt es auch auf den Gewinnverteilungsschlüssel am Ende des Wirtschaftsjahres an. Dies spricht dafür, auf die Beteiligungsverhältnisse am Ende des abweichenden Wirtschaftsjahres abzustellen.

Hinweise: Das Urteil hat nur Bedeutung für Mitunternehmerschaften mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr. Entspricht das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr, kommt es auf die Beteiligungsverhältnisse am 31.12. an, weil an diesem Tag sowohl das Kalenderjahr als auch das (identische) Wirtschaftsjahr enden.

Da die Klägerin das Verfahren gewonnen hat, kommt es nun im Einkommensteuerbescheid des H für 2018 zu einer Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer. Für die auf diese Weise geminderte Einkommensteuer müssen E und T als Erben des H einstehen.

Quelle: BFH, Urteil vom 10.4.2025 – IV R 21/22; NWB


Gewerblicher Grundstückshandel bei Grundstücksveräußerung nach Ablauf des sog. Fünfjahreszeitraums

10.07.2025 07:56

Ein gewerblicher Grundstückshandel kann nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu verneinen sein, wenn eine Vermietungs-GmbH 15 Grundstücke mit mehr als 145 Wohn- und Geschäftseinheiten kauft und diese erst sechs bzw. acht Jahre danach verkauft, weil einer der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer überraschend verstorben ist. Der Vermietungs-GmbH steht dann die sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung zu, so dass ihr Gewinn aus der Vermietungstätigkeit sowie aus dem Verkauf der Grundstücke nicht der Gewerbesteuer unterliegt.

Hintergrund: Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft oder aufgrund ihrer gewerblichen Prägung als GmbH & Co. KG gewerbesteuerpflichtig sind, tatsächlich aber ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können eine sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung beantragen. Der Ertrag aus der Grundstücksverwaltung und -nutzung sowie aus dem Verkauf der vermieteten Immobilie unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer. Die erweiterte Kürzung wird nicht gewährt, wenn die Immobiliengesellschaft einen gewerblichen Grundstückshandel betreibt.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die im Jahr 2007 von B und C gegründet wurde, die auch Geschäftsführer der Klägerin waren. Unternehmensgegenstand der Klägerin war die Vermietung von Immobilien. Die Klägerin erwarb im Jahr 2007 15 Immobilien mit insgesamt mehr als 145 Wohn- und Geschäftseinheiten. Der Gesellschafter-Geschäftsführer C verstarb im Jahr 2012 überraschend im Alter von 55 Jahren, so dass B nun alleiniger Geschäftsführer war. Die Klägerin veräußerte daraufhin im Jahr 2013 dreizehn Immobilien und im Jahr 2015 zwei Immobilien. Sie beantragte für die Streitjahre 2011 und 2013 die erweiterte Gewerbesteuerkürzung, die das Finanzamt unter Hinweis auf einen gewerblichen Grundstückshandel der Klägerin ablehnte.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die Klägerin betrieb keinen gewerblichen Grundstückshandel, sondern war nur vermögensverwaltend tätig.

  • Ein gewerblicher Grundstückshandel wird nach der Rechtsprechung auf der Grundlage der sog. Drei-Objekt-Grenze typisierend angenommen, wenn der Steuerpflichtige innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb der Grundstücke mehr als drei Immobilien veräußert. Die Klägerin hat die Drei-Objekt-Grenze nicht überschritten, da sie erst im sechsten Jahr nach dem Erwerb der Immobilien Grundstücke veräußert hat.

  • Allerdings kann ein gewerblicher Grundstückshandel auch dann vorliegen, wenn erst nach Ablauf der fünf Jahre in relativ kurzer Zeit planmäßig weitere Immobilien veräußert werden oder wenn viele Immobilien nach Ablauf der fünf Jahre veräußert werden oder wenn der Steuerpflichtige im Baubereich hauptberuflich tätig ist, also eine Nähe zum Grundstückshandel aufweist.

  • Im Streitfall lag keiner dieser Fälle vor. Dies hat das Finanzgericht (FG) als Vorinstanz aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls angenommen; an diese Würdigung des FG ist der BFH gebunden, da sie möglich ist und da das FG bei seiner Würdigung keine Verfahrens- oder Denkfehler begangen hat. So hat das FG zugunsten der Klägerin den Umstand berücksichtigt, dass die Klägerin innerhalb des Fünf-Jahreszeitraums keine Immobilie veräußert hat und auch keine Grundstücksveräußerung für die Zeit nach Ablauf des Fünf-Jahreszeitraums vorbereitet hat. Indizien für eine – von Anfang an bestehende – bedingte Veräußerungsabsicht gab es nicht. Wesentlicher Grund für die Veräußerung der Immobilien in den Jahren 2013 und 2015 war nach der Sachverhaltswürdigung durch das FG der überraschende Tod des Geschäftsführers C im Jahr 2012.

Hinweise: Wird die Drei-Objekt-Grenze überschritten, spielt es grundsätzlich keine Rolle, weshalb die Immobilien innerhalb des Fünfjahreszeitraums verkauft wurden. Daher gehen auch Verkäufe aufgrund einer persönlichen oder finanziellen Notlage, z.B. wegen Überschuldungsgefahr oder Scheidung, in die Ermittlung der im Fünfjahreszeitraum veräußerten Objekte ein. Im Streitfall ging es jedoch nicht um Verkäufe innerhalb des Fünfjahreszeitraums, sondern um Grundstücksveräußerungen nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums. Der BFH hat es nicht beanstandet, dass das FG hier die besonderen Beweggründe für den Verkauf berücksichtigt hat, nämlich den überraschenden Tod des Gesellschafter-Geschäftsführers C.

Zu beachten ist, dass sich der BFH auf die Sachverhaltswürdigung durch das FG stützt. Es ist denkbar, dass ein anderes FG den Sachverhalt anders würdigen und zu einer Klageabweisung gelangen würde. Solange die Sachverhaltswürdigung durch das FG nicht fehlerhaft und möglich ist, kann der BFH die Sachverhaltswürdigung des FG nicht durch eine eigene Würdigung ersetzen.

Quelle: BFH, Beschluss vom 20.3.2025 - III R 14/23; NWB


Registrierpflicht für elektronische Kassen: Frist endet bald

04.07.2025 08:24

Unternehmen, die elektronische Kassensysteme oder vergleichbare digitale Aufzeichnungssysteme wie z.B. Tablet- Kassensysteme verwenden, müssen diese erstmals bis spätestens zum 31.7.2025 über die neue elektronische Schnittstelle der Finanzverwaltung registrieren und fortan Änderungen mitteilen. Hierauf macht das Ministerium der Finanzen und für Europa des Landes Brandenburg aufmerksam.

Hintergrund: Bereits seit dem Jahr 2020 besteht die Pflicht, elektronische Kassensysteme mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) auszustatten. Neu ist jedoch die zentrale Registrierungspflicht: Bis spätestens Ende Juli 2025 müssen alle elektronischen Aufzeichnungssysteme, die der Einzelaufzeichnungspflicht unterliegen, digital beim Finanzamt angemeldet werden. Dafür hat die Finanzverwaltung seit dem 1.1.2025 eine entsprechende Schnittstelle geschaffen.

Der Gesetzgeber hat bundesweit die Pflicht zur Kassenregistrierung eingeführt, um die Transparenz hinsichtlich der im Unternehmen verwendeten Kassensysteme und damit die Nachvollziehbarkeit der Geschäftsvorfälle zu erhöhen. Zusammen mit weiteren Maßnahmen wie zum Beispiel der Durchführung von Kassen-Nachschauen durch die Finanzämter bei den Unternehmen oder der Belegausgabepflicht soll somit Steuerbetrug bei Kassenaufzeichnungen im Bargeldbereich wirksam bekämpft werden.

Was müssen Unternehmen zur Kassenregistrierung wissen?

Über das Online-Finanzamt "Mein ELSTER" oder die ERiC-Schnittstelle müssen alle in einer Betriebsstätte eingesetzten elektronischen Aufzeichnungssysteme den Finanzbehörden gemeinsam in einer einheitlichen Mitteilung gemeldet werden. Die Meldung kann ausschließlich auf elektronischem Wege erfolgen.

Zu den elektronischen Aufzeichnungssystemen gehören beispielsweise Kassensysteme oder Registrierkassen, Tablet-/App-Kassensysteme, Waagen, die zur Erfassung und Abwicklung von baren Zahlungsvorgängen dienen können, die über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen. Dies gilt auch für Taxameter und Wegstreckenzähler (§ 146a Abs. 4 AO).

Zu den erforderlichen Angaben gehören:

  1. Name des Steuerpflichtigen,

  2. Steuernummer des Steuerpflichtigen,

  3. Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung,

  4. Art des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,

  5. Anzahl der verwendeten elektronischen Aufzeichnungssysteme,

  6. Seriennummer des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,

  7. Datum der Anschaffung bzw. Datum der Außerbetriebnahme des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems.

Aktuell gelten folgende Übergangsregelungen:

Anschaffung bis 30.6.2025-> Anmeldung bis 31.7.2025
Anschaffung ab 1.7.2025-> Anmeldung innerhalb eines Monats
Außerbetriebnahme bis 30.6.2025-> Abmeldung bis 31.7.2025 nur dann erforderlich, wenn sie zuvor angemeldet wurden
Außerbetriebnahme ab 1.7.2025-> Abmeldung innerhalb eines Monats

Hinweis:

Das Bundesfinanzministerium hat zur Registrierung eine Ausfüllanleitung (Stand: 2.12.2024) auf seiner Homepage bereitgestellt. Dort ist auch ein Fragen-Antworten-Katalog zum sog. Kassengesetz (Stand: 2.4.2025) veröffentlicht.

Quelle: u.a. Ministerium der Finanzen und für Europa des Landes Brandenburg, Pressemitteilung v. 30.6.2025; NWB


Umsatzsteuer-Umrechnungskurse Juni 2025

02.07.2025 08:23

Das Bundesfinanzministerium hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Juni 2025 bekannt gegeben.

Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2025 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.

Quelle: BMF, Schreiben vom 1.7.2025 - III C 3 - S 7329/00014/007/084 (COO.7005.100.2.12380200); NWB


Steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung Deutschlands

30.06.2025 09:27

Der Bundestag hat am 26.6.2025 den Entwurf eines „Gesetzes für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland“ beschlossen. Das Gesetz sieht neben der Senkung des Körperschaftsteuersatzes u.a. die Wiedereinführung einer degressiven Abschreibung von 30 % pro Jahr für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens vor. Der Bundesrat muss dem Vorhaben noch zustimmen.

Die geplanten Maßnahmen im Überblick:

Wiedereinführung und Aufstockung der degressiven AfA ab Juli 2025 bis Ende 2027

Üblicherweise schreiben Unternehmen neu angeschaffte Maschinen, Geräte oder Fahrzeuge über die Jahre ihrer Nutzungsdauer linear, d. h. mit gleichbleibenden Jahresbeträgen vom Anschaffungswert, ab. Geplant ist, neben der linearen AfA bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens die sog. degressive AfA wieder einzuführen, und zwar im Umfang von maximal 30 % pro Jahr. Dies soll für Wirtschaftsgüter gelten, die nach dem und vor dem angeschafft oder hergestellt worden sind. Das bedeutet, dass Unternehmen bereits im Jahr des Erwerbs eines Wirtschaftsguts 30 % der Anschaffungskosten mit ihrem Gewinn verrechnen können. Im zweiten und dritten Jahr sollen erneut 30 % auf den restlichen Wert geltend gemacht werden können. Der bei der degressiven AfA anzuwendende Abschreibungssatz darf höchstens das Dreifache des bei der linearen Abschreibung in Betracht kommenden Prozentsatzes betragen.

Bereits in der Vergangenheit wurde die degressive AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mehrfach befristet wiedereingeführt – zuletzt für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.3.2024 und vor dem 1.1.2025 angeschafft oder hergestellt worden sind. Hierbei beträgt der Abschreibungssatz maximal das 2‑fache der linearen AfA, höchstens jedoch 20 % pro Jahr (s. hierzu unsere Mandanten-Information Juni 2024).

Schrittweise Senkung des Körperschaftsteuersatzes ab dem

Geplant ist, die Körperschaftsteuer von derzeit 15 % ab dem 1.1.2028 in fünf Schritten jedes Jahr um ein Prozent bis auf 10 % ab dem VZ 2032 zu senken.

Förderung der Elektromobilität

Ferner ist eine beschleunigte Abschreibung der Anschaffungskosten für betriebliche Elektrofahrzeuge mit fallenden Staffelsätzen geplant:

  • Im Jahr der Anschaffung 75 %,

  • im ersten Jahr danach 10 %,

  • im zweiten und dritten Folgejahr 5 %,

  • im vierten Folgejahr 3 % und

  • im fünften Folgejahr 2 %.

Die Regelung soll für E-Autos gelten, die nach dem und vor dem neu angeschafft werden. Zudem ist vorgesehen, die Bruttolistenpreisgrenze für die Besteuerung der privaten Nutzung elektrischer Dienstwagen, die nach dem 30.6.2025 angeschafft werden, von aktuell 70.000 € auf 100.000 € zu erhöhen.

Ausweitung der Forschungszulage

Darüber hinaus soll die Forschungszulage auf zusätzliche Gemein- und sonstige Betriebskosten ausgeweitet werden, wenn die förderfähigen Aufwendungen im Rahmen eines begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhabens, welches nach dem begonnen hat, entstanden sind. Dabei sollen die Gemein- und Betriebskosten über einen pauschalen Abschlag von 20 % berücksichtigt werden. Zudem ist eine Anhebung der maximalen Bemessungsgrundlage für nach dem 31.12.2025 entstandene förderfähige Aufwendungen von 10 Mio. € auf 12 Mio. € vorgesehen.

Schrittweise Senkung des Thesaurierungssteuersatzes für nicht entnommene Gewinne

Für Personengesellschaften soll der Steuersatz auf einbehaltene Gewinne künftig in drei Schritten von derzeit 28,25 % auf 27 % (Veranlagungszeitraum 2028/2029), 26 % (Veranlagungszeitraum 2030/2031) und 25 % (ab dem Veranlagungszeitraum 2032) abgesenkt werden.

Hinweis: Die Zustimmung des Bundesrats steht derzeit (Stand: 27.6.2025) noch aus. Möglicherweise erfolgt eine Verabschiedung des Gesetzes bereits vor der parlamentarischen Sommerpause. Über den weiteren Gang des Verfahrens und die endgültigen Regelungen werden wir Sie an dieser Stelle informieren.

Quelle: Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD für ein Gesetz für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland in der Fassung der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (BT-Drucks. 21/629), Stand: 25.06.2025; NWB


Drohende Aufrechnung trotz laufenden Verfahrens auf Aussetzung der Vollziehung

26.06.2025 09:43

Hat der Steuerpflichtige bei Gericht einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt und droht in diesem Verfahren eine Abtretung des Finanzamts an ein anderes Finanzamt, das gegenüber dem Steuerpflichtigen aufrechnen soll, kann der Steuerpflichtige einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Finanzgericht stellen, damit die Abtretung vorübergehend unterbunden wird.

Hintergrund: Erhält der Steuerpflichtige einen Steuerbescheid, aus dem sich eine Nachzahlungsverpflichtung zu seinen Lasten ergibt, kann er gegen den Bescheid Einspruch einlegen und einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung beim Finanzamt und ggf. beim Finanzgericht stellen, damit die Nachzahlung vorübergehend gestoppt wird. Voraussetzung ist, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen. Eine andere Art des Eilverfahrens ist die sog. einstweilige Anordnung, die statthaft ist, wenn ein Anspruch des Steuerpflichtigen vereitelt werden könnte.

Sachverhalt: Das Finanzamt A erließ gegenüber dem Antragsteller, der Geschäftsführer der C-GmbH gewesen war, einen Haftungsbescheid über einen Betrag von ca. 315.000 €; hierbei handelte es sich um Steuerschulden der C-GmbH. Der Antragsteller legte hiergegen Einspruch ein und beantragte am 20.2.2025 die Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheids beim Finanzgericht, nachdem das Finanzamt die Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hatte. Der Antragsteller wurde einkommensteuerlich beim Finanzamt B geführt, bei dem er einen Anspruch auf Steuererstattung erwartete. Während des gerichtlichen Verfahrens teilte das Finanzamt A am 7.3.2025 dem Gericht mit, dass es den Zahlungsanspruch aus dem streitigen Haftungsbescheid an das Finanzamt B abtreten werde, damit dieses gegenüber dem Antragsteller aufrechnen kann. Der Antragsteller stellte daraufhin beim Finanzgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, damit sichergestellt wird, dass sämtliche Vollstreckungsmaßnahmen bezüglich des Haftungsbescheids unterbleiben.

Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) gab dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung statt:

  • Ein Antragsteller, der einen gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stellt, hat einen Anspruch auf ungestörte Durchführung des Verfahrens. Dies ergibt sich aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz.

  • Dieser Anspruch wird gestört, wenn das Finanzamt A als Antragsgegner während des Verfahrens die Vollstreckung betreibt, die durch den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gerade verhindert werden soll. Besonders wichtige Gründe für den sofortigen Vollzug des Haftungsbescheids sind im Streitfall nicht erkennbar.

  • Der Antragsteller kann daher mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erreichen, dass die Vollstreckung unterbleibt, bis über seinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung entschieden wird.

Hinweise: Das Finanzgericht untersagte daher dem Finanzamt A die Abtretung des Anspruchs aus dem Haftungsbescheid und hob – für den Fall, dass die Abtretung bereits erfolgt ist – die Abtretungserklärung des Finanzamts A auf.

Üblicherweise vollstrecken die Finanzämter nicht, wenn der Steuerpflichtige einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt hat, über den noch nicht entschieden ist. Die Vorgehensweise der beiden Finanzämter A und B ist daher ungewöhnlich, auch wenn streitig ist, ob eine Aufrechnung eine typische Vollstreckung ist. Unüblich ist aber auch, ein zweites Eilverfahren – hier den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung – „zwischenzuschieben“, um Luft für das Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung zu haben. In der Praxis kann das Finanzamt durch einen Anruf des Gerichts von der Vollziehung abgehalten werden; gelingt dies nicht, weil das Finanzamt mitteilt, dass es gleichwohl vollstrecken will, kann der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vorgezogen und zugunsten des Steuerpflichtigen gerichtlich entschieden werden, damit eine Vollziehung unterbleibt, bis eine abschließende Entscheidung über mögliche ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids ergehen kann; man nennt dies auch „gerichtliche Hängeverfügung“.

Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.3.2025 – 9 V 9049/25; NWB


Grunderwerbsteuer: Rechtliche Zweifel an der Verlängerung der Nachbehaltensfrist bei Steuerbefreiungen

24.06.2025 08:10

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat im Rahmen eines Eilverfahrens rechtliche Zweifel geäußert, ob die gesetzliche Verlängerung der sog. Nachbehaltensfrist von fünf auf zehn Jahre bei der Übertragung eines Grundstücks von einer Personengesellschaft auf eine (teilweise) beteiligungsidentische Personengesellschaft rechtmäßig ist, wenn die Grundstücksübertragung vor dem Inkrafttreten der gesetzlichen Verlängerung am 1.7.2021 erfolgt ist.

Hintergrund: Die Grundstücksübertragung von einer Personengesellschaft auf eine andere Personengesellschaft ist grunderwerbsteuerfrei, soweit an den Personengesellschaften dieselben Gesellschafter beteiligt sind. Allerdings müssen dann die Gesellschafter an der übernehmenden Personengesellschaft noch zehn Jahre beteiligt bleiben, sog. Nachbehaltensfrist. Vor dem 1.7.2021 belief sich die Nachbehaltensfrist lediglich auf fünf Jahre.

Sachverhalt: Im Jahr 2015 wurde eine OHG gegründet, an der A, B und C beteiligt waren. A, B und C waren außerdem an einer KG beteiligt, die zwei Grundstücke besaß. Im Jahr 2018 brachte die KG die beiden Grundstücke in die OHG ein. Das Finanzamt behandelte diesen Vorgang als grunderwerbsteuerfrei, weil an beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter mit der jeweils selben Quote beteiligt waren. Das Finanzamt wies die OHG auf die – damalige – fünfjährige Nachbehaltensfrist hin. Im Jahr 2023, etwas mehr als fünf Jahre nach der Einbringung, wurde die OHG in eine GmbH umgewandelt, so dass A, B und C nicht mehr an einer Personengesellschaft beteiligt waren. Nachdem der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1.7.2021 die fünfjährige Nachbehaltensfrist auf zehn Jahre verlängert hatte, besteuerte das Finanzamt im Jahr 2023 die im Jahr 2018 erfolgte Einbringung der beiden Grundstücke mit der Begründung, durch den Formwechsel sei die nunmehr geltende zehnjährige Nachbehaltensfrist verletzt worden; das Finanzamt erließ daher gegenüber der GmbH einen Grunderwerbsteuerbescheid. Hiergegen legte die GmbH Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzgericht gab dem Antrag statt, ließ aber die Beschwerde zum BFH zu, so dass nun der BFH entscheiden musste.

Entscheidung: Der BFH folgte dem Finanzgericht und gewährte die Aussetzung der Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheids:

Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Grunderwerbsteuerbescheids. Denn es ist unklar, ob im Streitfall bereits die neue zehnjährige Nachbehaltensfrist gilt, so dass der Grunderwerbsteuerbescheid rechtmäßig wäre, oder ob noch die fünfjährige Nachbehaltensfrist galt, so dass der Grunderwerbsteuer rechtswidrig wäre.

Im Gesetz finden sich zwei unterschiedliche Übergangsregelungen zum Inkrafttreten der neuen zehnjährigen Nachbehaltensfrist, die widersprüchlich formuliert sind:

  • Nach der einen Übergangsregelung soll die neue zehnjährige Nachbehaltensfrist erstmals für Erwerbsvorgänge gelten, die nach dem 30.6.2021 verwirklicht wurden. Die zehnjährige Nachbehaltensfrist wäre danach im Streitfall nicht anwendbar, weil der Erwerbsvorgang, die Einbringung der beiden Grundstücke, bereits im Jahr 2018 erfolgt war.

  • Nach der anderen Übergangsregelung soll die neue zehnjährige Nachbehaltensfrist nicht gelten, wenn die fünfjährige Nachbehaltensfrist am 1.7.2021 bereits abgelaufen war. War sie noch nicht abgelaufen – wie im Streitfall – würde die Nachbehaltensfrist auf zehn Jahre verlängert werden. Diese Zehnjahresfrist wäre damit anwendbar, und sie wäre durch den Formwechsel im Jahr 2023 verletzt worden; aufgrund des Formwechsels von der OHG in die GmbH waren A, B und C nämlich nicht mehr an einer Personengesellschaft beteiligt.

Aus dem Gesetz ergeben sich keine Anhaltspunkte, wie sich die beiden einander widersprechenden Übergangsregelungen zueinander verhalten. Daher ist die Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheids auszusetzen.

Hinweise: Die Aussetzung der Vollziehung hat zur Folge, dass die GmbH, die aus der OHG hervorgegangen ist, die Grunderwerbsteuer erst einmal nicht zu bezahlen braucht, bis das Hauptsacheverfahren (Einspruchsverfahren und ggf. anschließend das Klageverfahren) abgeschlossen ist.

Der aktuelle Beschluss zeigt, wie ungenau der Gesetzgeber gearbeitet hat; denn nur eine der beiden Übergangsregelungen kann richtig sein. Für die Praxis ist es wichtig, dass etwaige Grunderwerbsteuerbescheide durch Einspruch angefochten werden und ggf. auch ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt wird, wenn die Zahlung der Grunderwerbsteuer erst einmal vermieden werden soll. Sollte der BFH in einem späteren Hauptsacheverfahren der GmbH Recht geben, wären entsprechende Grunderwerbsteuerbescheide aufzuheben, bei denen der Erwerbsvorgang vor dem 1.7.2021 erfolgt ist und die Beteiligung an der übernehmenden Personengesellschaft erst nach Ablauf von fünf Jahren aufgegeben oder vermindert worden ist.

Quelle: BFH, Beschluss vom 10.4.2025 – II B 54/24 (AdV); NWB


Kleinflugzeug einer GmbH

23.06.2025 08:22

Die Kosten für die Anschaffung eines Kleinflugzeugs durch eine GmbH, das der Geschäftsführer ausschließlich für Geschäftsreisen einsetzt, sind nicht zwangsläufig unangemessen, sondern können als Betriebsausgaben absetzbar sein. Für die Angemessenheit sprach im aktuellen Fall, dass der Geschäftsführer keine Privatpilotenlizenz besaß, dass der Betriebssitz der GmbH verkehrstechnisch schlecht an das Bahn- und Autobahnnetz angebunden war und dass die Kosten für die einzelnen Flüge nicht höher waren als für Reisen mit einem Charterflugzeug.

Hintergrund: Betriebsausgaben, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, sind nicht abziehbar, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung unangemessen sind. Sie werden dann außerbilanziell dem Gewinn wieder hinzugerechnet.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die ihren Standort in den Streitjahren 2017 bis 2019 in D hatte; der Ort D war an das Bahn- und Autobahnnetz nicht gut angeschlossen. Alleingesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin war A. Am 30.8.2017 erwarb die Klägerin ein gebrauchtes Kleinflugzeug zum Preis von 418.000 € netto. Im September 2020 verkaufte sie das Flugzeug für netto 405.000 €. Anschließend erwarb sie ein anderes gebrauchtes Kleinflugzeug, das sie im Jahr 2023 veräußerte, als die Klägerin in den verkehrstechnisch besser angeschlossenen Ort E umzog. Das Flugzeug wurde ausschließlich für betriebliche Zwecke genutzt, überwiegend von A, der keine Privatpilotenlizenz hatte, sondern einen Berufspiloten buchte. In den drei Streitjahren wurden 28 Flüge (2017), 38 Flüge (2018) und 21 Flüge (2019) durchgeführt; die Kosten für das Flugzeug beliefen sich auf ca. 55.000 € (2017), 128.000 € (2018) und 76.000 € (2019). Das Finanzamt hielt die Kosten für unangemessen und erkannte lediglich 17.000 € (2017), 21.000 € (2018) und 11.000 € (2019) an; dabei legte es die Entfernungspauschale von 0,30 €, einen Stundenlohn von 10 € für einen Chauffeur sowie die erforderlichen Hotelkosten zu Grunde.

Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Kriterien für die Unangemessenheit sind die Höhe der Einnahmen und des Gewinns, die Bedeutung des Repräsentationsaufwands für den Geschäftserfolg, die Üblichkeit des Aufwands in vergleichbaren Fällen, die Existenz objektiver Gründe für den Mehraufwand und die Intensität der Berührung der privaten Lebenssphäre.

  • Im Streitfall wurde die private Lebensführung des A nur sehr eingeschränkt durch das Flugzeug berührt. Denn A durfte das Flugzeug mangels Pilotenlizenz nicht selbst fliegen, und er nutzte das Flugzeug auch nicht für Privatflüge, sondern ausschließlich für Dienstreisen.

  • In den Jahren 2017 und 2019 lagen die Kosten für das Flugzeug nur geringfügig über 10 % des Gewinns, so dass dies nicht als unangemessen hoch anzusehen ist. Im Jahr 2018 betrug der Kostenanteil zwar ca. 25 % des Gewinns, aber es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Einsatz des Flugzeugs zu einer – tatsächlich eingetretenen – Umsatzsteigerung führte. Immerhin konnte das Flugzeug bei jedem Wetter genutzt werden, und A war auch für den Vertrieb zuständig.

  • Im Übrigen lagen die Kosten für das Flugzeug nicht über den Kosten, die im Fall von Charterflügen entstanden wären. Charterflüge sind nach der Verkehrsauffassung nicht stets unangemessen. Zudem war auch der Wertverfall des Flugzeugs gering, da bei dessen nach über drei Jahren nur eine Wertminderung von 13.000 € eingetreten war.

  • Schließlich ist auch die Zeitersparnis zu berücksichtigen, die der Kläger für seine Tätigkeit nutzen konnte. Insbesondere bei Terminen mit ungewisser Dauer konnte sogleich der Rückflug angetreten werden. Die GmbH hat nach ihrem Umzug in das verkehrstechnisch besser angeschlossene E auch kein Flugzeug mehr genutzt.

Hinweise: Das Urteil macht deutlich, dass es nicht Aufgabe der Finanzverwaltung ist, unternehmerische Entscheidungen durch eigene Entscheidungen, die durch den öffentlichen Dienst geprägt sind, zu ersetzen. Insbesondere der Ansatz eines Stundenlohns von 10 € für einen Chauffeur, den das Finanzamt für die Berechnung der angemessenen Kosten vorgenommen hat, erscheint doch etwas weltfremd. Letztendlich muss der Unternehmer entscheiden, mit welchem Verkehrsmittel er die Geschäftspartner aufsucht und ob er z.B. die Kosten für die 1. Klasse (bei der Bahn) oder Business Class (beim Linienflugzeug) in Kauf nimmt, weil er dann ausgeruhter am Ziel ankommt oder die Reisezeit zum Arbeiten nutzen kann.

Die Kosten für das Flugzeug waren nicht als verdeckte Gewinnausschüttung anzusetzen, da dem A kein Vorteil zugewendet wurde; denn er hat das Flugzeug nicht für Privatflüge eingesetzt.

Quelle: FG Münster, Urteil vom 15.4.2025 – 9 K 126/22 K, G; NWB


Mitteilung über ergebnislose Außenprüfung

20.06.2025 09:15

Die Mitteilung des Außenprüfers, dass die durchgeführte Außenprüfung zu keinen Mehr- oder Minderergebnissen geführt hat, ist kein Verwaltungsakt. Der Steuerpflichtige kann gegen diese Mitteilung daher keinen Einspruch einlegen, um so noch eine Änderung der Steuerbescheide zu seinen Gunsten herbeizuführen.

Hintergrund: Eine Außenprüfung führt häufig zu steuerlichen Mehrergebnissen. Es ergehen dann Änderungsbescheide, die angefochten werden können. Führt die Außenprüfung aber weder zu Mehr- noch zu Minderergebnissen, teilt der Außenprüfer dies dem Steuerpflichtigen mit. Es ergehen dann natürlich keine Änderungsbescheide.

Ist eine Außenprüfung durchgeführt worden, können die Steuerbescheide, die aufgrund der Außenprüfung ergangen sind, anschließend nicht mehr wegen neuer Tatsachen zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen geändert werden, es sei denn, es wird eine Steuerhinterziehung oder Steuerverkürzung festgestellt. Entsprechendes gilt, wenn die Außenprüfung ergebnislos verlief und dies dem Steuerpflichtigen mitgeteilt worden ist; auch dann greift die sog. Änderungssperre.

Sachverhalt: Kläger war der A, der zum einen ein Einzelunternehmen betrieb und zum anderen mit ca. 60 % an der AB-GbR beteiligt war. Er machte in seinem Einzelunternehmen in den Jahren 2010 bis 2012 verschiedene Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend, bei denen nicht klar war, ob sie sein Einzelunternehmen oder aber die AB-GbR betreffen. Das Finanzamt führte daher parallel zwei Außenprüfungen bei A sowie bei der AB-GbR für die Jahre 2010 bis 2012 durch. Die Außenprüfung bei A führte zu dem Ergebnis, dass die von A geltend gemachten Betriebsausgaben nicht anerkannt werden, weil sie mit der AB-GbR in Zusammenhang standen; die Einkommensteuerbescheide des A für 2010 und 2011 wurden dementsprechend zu seinen Ungunsten geändert. Die Außenprüfung bei der AB-GbR führte hingegen zu keinen Änderungen. Der Prüfer teilte dies der AB-GbR am 19.5.2015 mit. Am 29.7.2015 beantragte die AB-GbR die Änderung ihrer Gewinnfeststellungsbescheide für 2010 und 2011, damit die bei A nicht anerkannten Betriebsausgaben nun bei ihr berücksichtigt werden können. Das Finanzamt lehnte diesen Änderungsantrag ab.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Gegen die Gewinnfeststellungsbescheide für 2010 und 2011 ist ein Einspruch nicht möglich, da die einmonatige Einspruchsfrist im Mai 2015 längst abgelaufen war.

  • Die AB-GbR kann auch gegen die Mitteilung des Außenprüfers, dass die Außenprüfung zu keinen Mehrergebnissen geführt habe, keinen Einspruch einlegen. Diese Mitteilung ist nämlich kein Verwaltungsakt, da sie keine Regelung enthält. Sie ist lediglich ein sog. Realakt.

  • Zwar führt die Mitteilung des Außenprüfers zu einer sog. Änderungssperre, so dass die Gewinnfeststellungsbescheide der AB-GbR grundsätzlich nicht mehr wegen neuer Tatsachen geändert werden können; ferner führt die Mitteilung zu einer Beendigung der Ablaufhemmung bei der Festsetzungsverjährung. Diese Rechtsfolgen ergeben sich jedoch nicht aufgrund einer Regelung in der Mitteilung, sondern kraft Gesetzes, das an die Mitteilung anknüpft.

  • Aufgrund der Änderungssperre konnten die Gewinnfeststellungsbescheide der AB-GbR für 2010 und 2011 nicht mehr wegen neuer Tatsachen – also außerhalb eines Einspruchsverfahrens – geändert werden.

Hinweise: Die AB-GbR hätte während der Außenprüfung vorsorglich einen Antrag auf Änderung ihrer Gewinnfeststellungsbescheide für 2010 und 2011 stellen sollen. Dieser Antrag hätte nicht der Änderungssperre unterlegen, weil die Mitteilung über die ergebnislose Außenprüfung noch nicht ergangen war; das Finanzamt hätte dann über diesen Antrag entscheiden müssen, und zwar auch nach der Mitteilung des Außenprüfers über die Ergebnislosigkeit der Prüfung, da eine Änderungssperre aufgrund des frühzeitig gestellten Änderungsantrags nicht gegolten hätte.

Quelle: BFH, Urteil vom 20.2.2025 – IV R 17/22; NWB


Erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei Mitvermietung von Hochregalen in Lagerhalle

17.06.2025 07:55

Bei einer Immobiliengesellschaft, die aufgrund ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegt und die Grundstücke vermietet, führt die Mitüberlassung fest installierter Hochregale bei der Vermietung einer Lagerhalle nicht zur Versagung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung. Die Mitüberlassung der Hochregale ist nämlich ein zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung.

Hintergrund: Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft oder aufgrund ihrer gewerblichen Prägung als GmbH & Co. KG gewerbesteuerpflichtig sind, tatsächlich aber ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können eine sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung beantragen. Der Ertrag aus der Grundstücksverwaltung und -nutzung sowie aus dem Verkauf der vermieteten Immobilie unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer. Die Vermietung beweglicher Wirtschaftsgüter, wie z.B. die Vermietung von Betriebsvorrichtungen, ist grundsätzlich nicht begünstigt.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine Immobilien-GmbH, die in den Streitjahren 2017 und 2018 grundsätzlich nur eigene Grundstücke vermietete. U.a. vermietete sie eine Lagerhalle, die mit fest installierten Hochregalen ausgestattet war. Einen Teil der Halle vermietete sie an A, der auch die in diesem Hallenteil befindlichen Hochregale mietete. Den anderen Teil der Halle vermietete sie an B. Die Klägerin überließ dem B aber die in diesem Teil der Halle befindlichen Hochregale, die aus dem Jahr 1987 stammten, unentgeltlich. Die Klägerin beantragte die erweiterte Gewerbesteuerkürzung, die das Finanzamt nicht gewährte, weil es von einer schädlichen Mitvermietung beweglicher Wirtschaftsgüter, nämlich der Hochregale als Betriebsvorrichtungen, ausging.

Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer setzte in den Streitjahren 2017 und 2018 grundsätzlich voraus, dass ausschließlich eigenes Grundvermögen vermietet wurde. Die Vermietung von Betriebsvorrichtungen war hingegen schädlich. Betriebsvorrichtungen sind Gebäudebestandteile, die ausschließlich aus betrieblichen Gründen im Gebäude eingebaut sind und steuerlich als bewegliche Wirtschaftsgüter behandelt werden.

  • Zwar handelte es sich bei den Hochregalen um Betriebsvorrichtungen, da diese keine Gebäudefunktion hatten, sondern nur aus rein betrieblichen Gründen in der Lagerhalle eingebaut waren. Die Überlassung der Hochregale an A und an B war aber gewerbesteuerlich nicht schädlich.

  • Die Überlassung der Hochregale an B war unschädlich, weil die Klägerin ihm die Hochregale nicht vermietet, sondern nach dem Mietvertrag ausdrücklich nur unentgeltlich überlassen hatte. Eine unentgeltliche Überlassung von Betriebsvorrichtungen steht der erweiterten Kürzung der Gewerbesteuer nicht entgegen. Zwar gilt dies dann nicht, wenn es sich bei der vereinbarten Unentgeltlichkeit um ein Scheingeschäft handelt; für ein Scheingeschäft spricht es, wenn die Betriebsvorrichtungen aus dem Mietvertrag herausgenommen werden, jedoch keine Regelungen getroffen werden, wie der Aufwand des Vermieters für die Anschaffung bzw. Herstellung der Betriebsvorrichtungen entgolten wird. Im Streitfall handelte es sich aber nicht um ein Scheingeschäft, weil die Hochregale aus dem Jahr 1987 stammten und die Klägerin diese Hochregale deshalb unentgeltlich überlassen hatte, weil sie für die alten Regale keine Instandhaltungs- und Reparaturpflicht übernehmen wollte.

  • Die Mitvermietung der Hochregale an A war hingegen entgeltlich, aber dennoch steuerlich unschädlich, weil die Mitüberlassung festinstallierter Hochregale der Grundstückverwaltung diente und damit ein zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung darstellte. Denn die Lagerhalle war eine sog. Spezialimmobilie, die sinnvollerweise nur als Lagerhalle vermietet und genutzt werden konnte. Ohne Mitvermietung der Hochregale hätte ein Mieter auf eigene Kosten Hochregale einbauen müssen; damit wären die Kosten für den Mieter erheblich angestiegen, insbesondere bei einer kurzfristigen Anmietung.

Hinweise: Der Gewinn der Klägerin, der ausschließlich aus der Vermietung stammte, war daher in den Streitjahren gewerbesteuerfrei.

Seit 2021 gibt es eine Neuregelung, nach der bestimmte weitere Tätigkeiten wie z.B. die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen bis zur Höhe von 5 % der Mieteinnahmen der erweiterten Gewerbesteuerkürzung nicht entgegenstehen; diese Regelung galt im Streitjahr noch nicht.

Ähnlich wie bei der Mitvermietung von Hochregalen im Streitfall wird auch die Mitvermietung von Lastenaufzügen in Einkaufszentren oder Fabrikgebäuden in der Regel als gewerbesteuerlich unschädlich angesehen; eine einheitliche Rechtsprechung hierzu gibt es allerdings nicht.

Quelle: FG Münster, Urteil vom 12.3.2025 – 10 K 1656/21 G; NWB


Umsatzsteuer eines Fitnessstudios im Corona-Lockdown

16.06.2025 10:11

Der Betreiber eines Fitnessstudios, der sein Studio im Jahr 2020 wegen der Corona-Maßnahmen schließen musste, aber weiterhin Mitgliedsbeiträge erhielt, schuldet die Umsatzsteuer auf die erhaltenen Mitgliedsbeiträge. Eine Berichtigung dieser Umsatzsteuer zu seinen Gunsten ist erst dann möglich, wenn er die Beiträge zurückzahlt.

Hintergrund: Umsatzsteuer entsteht, wenn ein Unternehmer eine Leistung gegen Entgelt erbringt oder wenn er für eine noch zu erbringende Leistung eine Anzahlung erhält. Ist Umsatzsteuer entstanden, kann sie zugunsten des Unternehmers berichtigt werden, wenn für eine vereinbarte Leistung ein Entgelt entrichtet worden ist, der Unternehmer die Leistung aber nicht ausführt.

Sachverhalt: Der Kläger betrieb ein Fitnessstudio, das er aufgrund der behördlichen Corona-Maßnahmen im Zeitraum vom 17.3.2020 bis 17.5.2020 schließen musste. Er informierte seine Mitglieder über die Schließung und bot ihnen u.a. eine kostenlose Verlängerung der Mitgliedschaft um drei Monate, verschiedene Fitnesskurse im Internet-Streaming, die Nutzung einer „Telefon-Hotline“ sowie einen kostenlosen 3D-Körperscan an; allerdings standen die Online-Kurse auch Nicht-Mitgliedern offen. Von den ca. 800 Mitgliedern zahlten 761 Mitglieder die Beiträge im Zeitraum vom 17.3.2020 bis 17.5.2020 weiter; von den 761 Mitgliedern nahmen 85 Mitglieder die Bonus-Monate in Anspruch, und insgesamt nur 40 Mitglieder verlangten die Beiträge zurück. Der Kläger hielt die von ihm im Schließungszeitraum eingezogenen Mitgliedsbeiträge für nicht umsatzsteuerbar.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) folgte dem nicht:

  • Die für den Zeitraum März bis Mai 2020 gezahlten Mitgliedsbeiträge waren umsatzsteuerbar, da sie ein Entgelt für die Leistung des Klägers darstellten. Der Kläger hatte nämlich die monatliche Nutzungsmöglichkeit des Fitnessstudios angeboten und hierfür Beiträge erhalten; zwischen dieser monatlichen (Teil-)Leistung und der Zahlung des Mitgliedsbeitrags bestand ein unmittelbarer Zusammenhang.

  • Außerdem hatte der Kläger seinen Mitgliedern drei kostenlose Bonus-Monate zugesagt. Die Mitgliedsbeiträge stellten damit jedenfalls eine umsatzsteuerbare Anzahlung dar. Umsatzsteuerlich kommt es nur auf den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Beitragszahlung und den angebotenen Bonus-Monaten an. Unbeachtlich ist, ob bezüglich der kostenlosen Vertragsverlängerung eine zivilrechtlich wirksame Vereinbarung zwischen dem Kläger und den Mitgliedern zustande gekommen ist. Ferner kommt es nicht darauf an, dass nur 85 Mitglieder die Bonus-Monate in Anspruch genommen haben.

  • Offenbleiben konnte die Frage, ob die während der Schließung des Studios angebotenen Live-Kurse, die „Telefon-Hotline“ und der kostenlose 3D-Körperscan ebenfalls umsatzsteuerbare Leistungen dargestellt haben. Gegen eine Umsatzsteuerbarkeit der Live-Kurse sprach, dass diese für jedermann zugänglich und kostenlos waren.

Hinweise: Da der Kläger das Fitnessstudio im Schließungszeitraum den Mitgliedern tatsächlich nicht zur Verfügung stellen konnte, kommt zwar eine Berichtigung der Umsatzsteuer zu seinen Gunsten in Betracht. Die Berichtigung ist aber erst dann möglich, wenn und soweit er die Beiträge zurückzahlt. Im Streitfall hat der Kläger in nur 40 Fällen (bei ca. 800 Mitgliedern) die Beiträge zurückgezahlt, und dies auch erst in einem späteren Zeitraum. Daher kann er die Umsatzsteuer bezüglich der Beiträge der 40 Mitglieder erst im Monat der jeweiligen Rückzahlung berichtigen, während er in den verbleibenden 761 Fällen die Umsatzsteuer mangels Rückzahlung des Mitgliedsbeitrags nicht berichtigen kann.

Quelle: BFH, Urteile vom 13.11.2024 – XI R 5/23 und XI R 36/22; NWB


Gemeinnützigkeit einer Internet-Plattform für Online-Petitionen

13.06.2025 07:37

Ein Verein, der nach seinem Satzungszweck die Förderung des demokratischen Staatswesens verfolgt und hierfür eine Online-Plattform bereitstellt, auf der Petitionen und Kampagnen gestartet werden können, ist gemeinnützig, wenn sich die Petitionen auf potentielle parlamentarische Vorgänge beziehen und nicht auf privatrechtliche Vorgänge.

Hintergrund: Gemeinnützige Körperschaften sind körperschaft- und gewerbesteuerfrei. Die Gemeinnützigkeit setzt voraus, dass der Verein bzw. die GmbH nach der Satzung einen im Gesetz genannten gemeinnützigen Zweck verfolgt und dass dieser auch tatsächlich umgesetzt wird. Nach dem Gesetz gehört z.B. die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens zu den gemeinnützigen Zwecken; ausgeschlossen sind jedoch Bestrebungen, die nur bestimmte Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art verfolgen oder die auf den kommunalpolitischen Bereich beschränkt sind.

Sachverhalt: Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung ausschließlich und unmittelbar die Förderung des demokratischen Staatswesens verfolgt. Er unterhielt in den Streitjahren 2016 und 2017 eine Online-Plattform, auf der Petitionen und Kampagnen unentgeltlich gestartet werden konnten. Die Petitionen und Kampagnen konnten sich an staatliche und an nichtstaatliche Stellen richten. Außerdem bot der Kläger Unterstützung bei Petitionen und Kampagnen an, die er für erfolgreich oder relevant hielt. Petitionen, die einen „offensichtlich rechtswidrigen“ Inhalt hatten, wurden nicht zugelassen. Das Finanzamt erkannte die steuerliche Gemeinnützigkeit nicht an, sondern erließ einen Körperschaftsteuerbescheid, in dem es die Körperschaftsteuer auf 0 € festsetzte.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt eine Gemeinnützigkeit für möglich und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:

  • Zwar ist die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens im Geltungsbereich Deutschlands grundsätzlich ein gemeinnütziger Zweck. Dieser Zweck kann durch die Bereitstellung einer Online-Plattform, die die freie, offene und unreglementierte politische Willensbildung bei der Ausübung der Staatsgewalt betrifft, gefördert werden, wenn der Plattformbetreiber die dort online gestellten Petitionen bzw. Anliegen – auch parteipolitisch – neutral und ohne inhaltliche Wertung fördert.

  • Allerdings steht noch nicht fest, ob es dem Kläger um die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens ging. Eine derartige Förderung ist nämlich nur dann anzunehmen, wenn die auf der Online-Plattform zur Abstimmung gestellten Anliegen auf eine öffentliche Meinungsbildung bezüglich der Ausübung der Staatsgewalt Einfluss nehmen sollten. Das jeweilige Anliegen muss also geeignet sein, Gegenstand einer parlamentarischen Befassung zu sein bzw. zu werden. Die Petitionen bzw. Anliegen dürfen nicht privatrechtliche Anliegen, etwa die Kündigung eines Vermieters, betreffen oder etwa zu einem Boykott aufrufen.

  • Zu klären ist ferner, ob sich der Kläger, soweit er Petitionen und Kampagnen unterstützt hat, auf die Förderung des offenen Prozesses der politischen Meinungsbildung beschränkt hat – dies wäre steuerlich unschädlich - oder ob er sich bestimmte Anliegen zu eigen gemacht hat. Auch müssen die Kriterien, die für ihn bei der Förderung maßgeblich waren, dahingehend überprüft werden, ob sie die notwendige geistige Offenheit gewährleisteten. Problematisch wäre es, wenn der Kläger vor allem solche Anliegen gefördert hätte, die mit besonderer Intensität betrieben wurden; denn dann hätte der Kläger die „lautstärkste“ Meinung unterstützt.

Hinweise: Das FG muss den Sachverhalt nun weiter aufklären. Dabei muss es auch aufklären, nach welchen Kriterien der Kläger einzelne Petitionen bzw. Anliegen als rechtswidrig eingestuft hat. Schließlich muss sich das FG damit auseinandersetzen, ob die Beschränkung der Förderung des Staatswesens auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eine bloß räumliche Beschränkung der Tätigkeit des Klägers bedeutet, so dass der Kläger nicht vom Ausland aus tätig werden durfte, ob damit die Förderung des demokratischen Staatswesens im Inland gemeint ist.

Nicht begünstigt ist im Übrigen die Förderung politischer Einzelmeinungen. Unschädlich ist es aber, wenn eine gemeinnützige Tätigkeit zwangsläufig mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden ist.

Quelle: BFH, Urteil vom 12.12.2024 - V R 28/23; NWB


Steuerfreistellung durch ausländische Betriebsstätten

12.06.2025 07:43

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in zwei Entscheidungen die Voraussetzungen konkretisiert, die im grenzüberschreitenden Sachverhalt im Anwendungsbereich eines Doppelbesteuerungsabkommens zu einer ausländischen Betriebsstätte führen. Aus einer solchen Betriebsstätte erzielt der Steuerpflichtige in der Regel Einkünfte, die im Inland steuerfrei sind und nur der ausländischen Besteuerung unterliegen.

Hintergrund: Nach der im Streitfall einschlägigen Vorschrift des mit der Schweiz geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA-Schweiz) sind Gewinne aus eigener Tätigkeit einer Betriebsstätte, die in der Schweiz besteuert werden können, von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer unter Progressionsvorbehalt auszunehmen, soweit sie nachweislich ‑ u.a. ‑ durch Erbringung von Dienstleistungen unter Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr erzielt wurden. Gewinne eines deutschen Unternehmens können in der Schweiz besteuert werden, wenn das Unternehmen seine Tätigkeit durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübt und soweit die Gewinne des Unternehmens dieser Betriebsstätte zugerechnet werden können.

Sachverhalt: Im Grundfall hatte der in Deutschland lebende Kläger, ein Taxiunternehmer, aufgrund seiner Mitgliedschaft in einer Schweizerischen Taxifunkzentrale Zugang zu deren Büroraum in der Schweiz. Dieser Raum war mit drei Arbeitsplätzen eingerichtet und stand insgesamt drei Taxiunternehmern zur Verfügung. Der Kläger nutzte den Büroraum (einschließlich eines abschließbaren Standcontainers) für geschäftsleitende Tätigkeiten sowie für die Personalverwaltung seiner angestellten Taxifahrer, die Vorbereitung der laufenden Buchführung, das Rechnungswesen, die Finanzkontrolle sowie die Kontrolle der Einhaltung behördlicher Auflagen. Das Finanzamt unterwarf die gewerblichen Einkünfte des Klägers aus seinem Taxiunternehmen der inländischen Besteuerung.

Entscheidung: Der BFH gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die gesamten gewerblichen Einkünfte des Klägers sind in Deutschland steuerfrei zu stellen und dürfen lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigt werden, da in der Schweiz die Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte erfüllt sind.

  • Hierfür ist die "Verwurzelung" des Unternehmens mit dem im Ausland belegenen der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit maßgebend. Diese Verwurzelung folgt aus einer Gesamtwürdigung der in Wechselwirkung zueinander stehenden Merkmale der zeitlichen und örtlichen Festigkeit der Ort Geschäftseinrichtung sowie der dauerhaften Verfügungsmacht des Unternehmens über diese Geschäftseinrichtung.

  • Der persönliche Standcontainer ist insoweit ein Indiz für die dauerhafte Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung (hier: den Büroraum). Darüber hinaus sind in dem Büroraum nicht nur Hilfstätigkeiten ausgeübt worden.

  • Die Haupttätigkeit eines Taxiunternehmers mit mehreren angestellten Taxifahrern erschöpft sich nicht allein im Fahren von Taxis zum Zwecke der Personenbeförderung. Vielmehr gehören hierzu auch die geschäftsleitenden und zentralen unternehmerisch-administrativen Tätigkeiten, die der Taxiunternehmer in dem Büroraum in der Schweiz ausgeübt hat.

Hinweis: Im zweiten Verfahren ging es um die zeitlichen Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte. Sowohl für das Innehaben der Geschäftseinrichtung als auch für die unternehmerische Tätigkeit, die in der Geschäftseinrichtung ausgeübt wird, hat der BFH eine Mindestdauer von sechs Monaten festgelegt. Ein Unternehmen, das nur für weniger als sechs Monate existiert, rechtfertigt selbst dann keine Ausnahme, wenn die Tätigkeit dieses Unternehmens vollständig in der ausländischen Geschäftseinrichtung ausgeübt worden ist.

Quellen: BFH, Urteile vom 18.12.2024 – I R 47/21 (Betriebsstätte eines Taxiunternehmens in den Räumen einer Taxizentrale) und I R 39/21 (zeitliche Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte); NWB


Umsatzsteuer-Umrechnungskurse Mai 2025

03.06.2025 08:08

Das Bundesfinanzministerium hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Mai 2025 bekannt gegeben.

Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2025 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.

Quelle: BMF, Schreiben vom 2.6.2025 - III C 3 - S 7329/00014/007/069 (COO.7005.100.3.12133851); NWB