Service Gesellschafter/Geschäftsführer

Teilung einer Pensionszusage nach Scheidung

27.10.2025 09:15

Kommt es infolge einer Scheidung zu einem Versorgungsausgleich, bei dem der Pensionsanspruch eines Gesellschafters einer gewerblich tätigen Personengesellschaft geteilt wird, so dass seine geschiedene Ehefrau ein Anrecht auf die Pension erhält, bleibt die interne Teilung nach dem Gesetz zwar steuerfrei. Erhöht sich jedoch in der Folgezeit der Teilwert des Pensionsanspruchs, unterliegt die Teilwerterhöhung bei der Ehefrau der Besteuerung und wird den gewerblichen Einkünften zugerechnet.

Hintergrund: Wird dem Gesellschafter einer unternehmerisch tätigen Personengesellschaft eine Pensionszusage erteilt, muss die Personengesellschaft hierfür in ihrer Gesamthandsbilanz eine entsprechende Pensionsverpflichtung bilden. Der Gesellschafter muss korrespondierend hierzu einen Anspruch in seiner Sonderbilanz aktivieren.

Nach dem Gesetz bleibt die Übertragung von Anrechten auf eine Pension im Rahmen des Versorgungsausgleichs steuerfrei (sog. Teilung des Pensionsanspruchs). Die späteren Pensionszahlungen gehören bei dem begünstigten Scheidungsgatten zu denjenigen Einkünften, zu denen die Leistungen bei dem anderen Ehegatten, der einen Teil seines Anrechts abgeben musste, gehören würden, wenn es zu der Übertragung bzw. Teilung nicht gekommen wäre.

Sachverhalt: Die Klägerin war die frühere Ehefrau des G, der Komplementär einer KG war; die Klägerin war an der KG nicht beteiligt. G hatte einen Pensionsanspruch gegenüber der KG erworben; die KG hatte in ihrer Gesamthandsbilanz eine entsprechende Pensionsverpflichtung passiviert. Die Klägerin und G ließen sich im Jahr 2016 scheiden und trafen im Dezember 2016 eine Scheidungsfolgenvereinbarung. Danach sollte das Anrecht des G auf die Pension im Wege des Versorgungsausgleichs geteilt werden, so dass die Klägerin einen Anspruch auf Altersversorgung erhalten sollte. Der Wert der Pensionszusage für die Klägerin betrug am 1.1.2017 ca. 600.000 €; diesen Wert passivierte die KG in ihrer Gesamthandsbilanz. Zum 31.12.2017 erhöhte sich der Wert auf ca. 635.000 €. Das Finanzamt ließ zwar die Teilung des Pensionsanspruchs bei der Klägerin einkommensteuerfrei; es erfasste aber die Werterhöhung in Höhe von ca. 35.000 € im Gewinnfeststellungsbescheid der KG für 2017 als gewerbliche Einkünfte der Klägerin. Hiergegen wehrte sich die Klägerin.

Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) wies die Klage ab.

  • Zwar bleibt die Teilung des Pensionsanspruchs, die zu einem Wertzuwachs bei der Klägerin in Höhe von ca. 600.000 € führte, steuerfrei. Denn das Gesetz sieht eine derartige Teilung, die im Rahmen des Versorgungsausgleichs erfolgt, ausdrücklich als steuerfrei an.

  • Der spätere Wertzuwachs zum 31.12.2017 war allerdings steuerpflichtig, weil das Gesetz nur die Teilung des Pensionsanspruchs als steuerfrei ansieht, nicht aber spätere Wertzuwächse, die beim begünstigten Scheidungsgatten eintreten. In Höhe des Wertzuwachses wird die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin gesteigert, so dass eine Besteuerung zulässig ist.

  • Die sich hieraus ergebende Steuerpflicht war nicht dadurch zu mindern, dass der Klägerin ein entsprechender Anteil an der Pensionsverpflichtung der KG zuzuweisen war.

Hinweise: Bei der Klägerin kommt es hinsichtlich des auf sie im Wege der Teilung übertragenen Anteils von ca. 600.000 € erst dann zu einer Besteuerung, wenn die Pensionszahlungen später geleistet werden.

Ungewöhnlich ist, dass die Klägerin im Gewinnfeststellungsbescheid aufgeführt und ihr ein Gewinnanteil zugewiesen wird, obwohl sie gar nicht Gesellschafterin war. Sie wird aufgrund der Mitunternehmerstellung des G, der ihr den Teil seines Pensionsanspruchs übertragen hat, steuerlich wie G und damit wie ein Mitunternehmer behandelt.

Die Steuerpflicht bezüglich des Wertzuwachses von ca. 35.000 € besteht, obwohl es bei der Klägerin nicht zu einem Zufluss von Liquidität gekommen ist.

Quelle: FG Münster, Urteil vom 18.6.2025 – 3 K 569/23 F, Rev. beim BFH: IV R 12/25; NWB


Keine erweiterte Gewerbesteuerkürzung beim sog. Treuhandmodell

23.10.2025 08:18

Eine Vermietungs-GmbH, die die in der Immobilie verbauten Betriebsvorrichtungen auf eine Schwestergesellschaft übertragen hat und die Betriebsvorrichtungen anschließend als verdeckte Treuhänderin für die Schwestergesellschaft verwaltet, hat keinen Anspruch auf die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer. Denn die treuhänderische Tätigkeit ist eine gewerbesteuerlich schädliche Betätigung für eine Vermietungsgesellschaft.

Hintergrund: Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft oder aufgrund ihrer gewerblichen Prägung als GmbH & Co. KG gewerbesteuerpflichtig sind, tatsächlich aber ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können eine sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung beantragen. Der Ertrag aus der Grundstücksverwaltung und -nutzung sowie aus dem Verkauf der vermieteten Immobilie unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer. Problematisch war bis einschließlich 2020 die Vermietung von Betriebsvorrichtungen, weil es sich bei Betriebsvorrichtungen steuerlich um bewegliche Wirtschaftsgüter handelt, also nicht um Grundvermögen; zur Rechtslage ab 2021 siehe Hinweise unten. Betriebsvorrichtungen sind Wirtschaftsgüter, die zwar im Gebäude eingebaut sind, aber eine ausschließlich betriebliche Funktion erfüllen, z.B. ein Lastenfahrstuhl.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH und Eigentümerin eines kleinen Einkaufszentrums. Sie vermietete die Geschäfte an unterschiedliche Gewerbemieter. Im Gebäude und damit ebenfalls von der Vermietung umfasst waren diverse Betriebsvorrichtungen, die zum Teil auch wesentliche Bestandteile des Gebäudes waren, also ohne das dazugehörige Einkaufszentrum rechtlich nicht auf Dritte übertragen werden konnten. Nachdem die Klägerin bemerkt hatte, dass die Mitvermietung der Betriebsvorrichtungen gewerbesteuerlich schädlich sein könnte, verkaufte sie im Jahr 2017 sämtliche Betriebsvorrichtungen an die J-GmbH, eine Schwester-GmbH, die dieselben Gesellschafter hatte. Zugleich schlossen die Klägerin und die J-GmbH einen Treuhandvertrag; danach verwaltete die Klägerin die Betriebsvorrichtungen treuhänderisch für die J-GmbH, ohne den Mietern gegenüber aufzudecken, dass die Betriebsvorrichtungen auf die J-GmbH übertragen worden waren (sog. verdeckte Treuhand). Die Klägerin erhielt also die Miete in unveränderter Höhe von den Mietern und führte den Anteil der Miete, der auf die Betriebsvorrichtungen entfiel, nach einem vorher mit der J-GmbH vereinbarten Schlüssel an die J-GmbH ab. Die Klägerin sollte von der J-GmbH einen Aufwendungsersatz erhalten, jedoch kein gesondertes Treuhandentgelt. Die Klägerin beantragte die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für 2019, die das Finanzamt nicht gewährte.

Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab.

  • Aufgrund des mit der J-GmbH geschlossenen Treuhandvertrags war die Klägerin im Streitjahr 2019 treuhänderisch tätig, indem sie Betriebsvorrichtungen, die der J-GmbH zumindest wirtschaftlich gehörten, verwaltete. Die erweiterte Kürzung setzte im Streitjahr nach dem Gesetz aber voraus, dass die Immobiliengesellschaft ausschließlich eigenes Grundvermögen verwaltet und nebenbei allenfalls eigenes Kapitalvermögen verwaltet und nutzt oder bestimmte andere Tätigkeiten ausübt; eine Treuhandtätigkeit wird im Gesetz aber nicht als unschädliche Tätigkeit aufgeführt.

  • Die Treuhandtätigkeit war auch nicht deshalb steuerlich unschädlich, weil die Klägerin kein Treuhandentgelt erhielt. Denn zum einen stand ihr ein Aufwendungsersatzanspruch zu, so dass ihre Tätigkeit als entgeltlich anzusehen war. Zum anderen hatte sie die Betriebsvorrichtungen auf die J-GmbH zu einem Kaufpreis in Höhe von ca. 290.000 € verkauft; dieser Kaufpreis wurde nach Auffassung des FG auch dafür gezahlt, dass die Klägerin anschließend die Betriebsvorrichtungen treuhänderisch für die J-GmbH verwaltete.

Hinweise: Das FG ließ offen, welche der übertragenen Gegenstände Betriebsvorrichtungen waren und ob die Klägerin die Betriebsvorrichtungen überhaupt auf die J-GmbH rechtlich übertragen konnte; bei Betriebsvorrichtungen, die wesentliche Bestandteile des Gebäudes sind, ist eine gesonderte Übertragung – ohne das dazugehörige Gebäude – rechtlich gar nicht möglich. Ob in diesen Fällen die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums möglich war, blieb ebenfalls offen.

Gewerbesteuerlich vorteilhafter wäre es wohl gewesen, wenn die Klägerin die Mieter nach der Übertragung der Betriebsvorrichtungen einzeln angesprochen und überzeugt hätte, dass sie die Betriebsvorrichtungen nunmehr von der J-GmbH anmieten; die Chancen hierfür waren möglicherweise nicht so schlecht, weil es sich um ein kleines Einkaufszentrum mit nur wenigen Mietern handelte.

Seit 2021 hat sich die Rechtslage geändert. Nunmehr sind bestimmte weitere Tätigkeiten wie z.B. die Lieferung von Strom aus Ladestationen für Elektrofahrzeuge bzw. Elektrofahrräder oder die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen bis zur Höhe von 5 % der Mieteinnahmen kürzungsunschädlich.

Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8.7.2025 – 6 K 6040/22, Rev. beim BFH eingelegt (Az. unbekannt)


Verlustnutzung bei Ausscheiden der Komplementärin aus GmbH & Co. KG

25.09.2025 08:31

Scheidet bei einer GmbH & Co. KG, die aus einer Komplementär-GmbH sowie aus einer Kommandit-GmbH besteht, die Komplementär-GmbH aus, wächst das Vermögen der GmbH & Co. KG auf die bisherige Kommandit-GmbH an. Diese kann den zum Ausscheidenszeitpunkt festgestellten verrechenbaren Verlust des Kommanditisten mit ihren künftigen Gewinnen verrechnen sowie den für die GmbH & Co. KG festgestellten gewerbesteuerlichen Verlustvortrag nutzen.

Hintergrund: Wird bei einem Kommanditisten das Kapitalkonto negativ, sind bei ihm künftige Verlustanteile nur noch verrechenbar und können nur mit künftigen Gewinnen aus der KG-Beteiligung verrechnet werden.

Kommt es bei einem Unternehmen zu gewerblichen Verlusten, können diese gewerbesteuerlich in Folgejahre vorgetragen werden und dort mit Gewinnen verrechnet werden. Dies setzt allerdings voraus, dass sowohl das Unternehmen als auch der Unternehmer, der die Gewinne erzielt, mit dem Unternehmen und dem Unternehmer identisch ist, der die Verluste erzielt hat.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH und bis zum 30.12.2011 alleinige Kommanditistin der B-GmbH & Co. KG. Zum 30.12.2011 schied die Komplementärin aus der B-GmbH & Co. KG aus. Das Vermögen der B-GmbH & Co. KG wuchs daher auf die Klägerin an, gehörte also nunmehr ihr. Der Betrieb der B-GmbH & Co. KG war am 30.12.2011 noch nicht vollständig eingestellt. Das Finanzamt stellte auf den 31.12.2011 einen verrechenbaren Verlust der Klägerin in Höhe von 460.000 € sowie einen gewerbesteuerlichen Verlustvortrag der B-GmbH & Co. KG in Höhe von ca. 1,1 Mio. € fest. Die Klägerin zog im Streitjahr 2012 den für sie festgestellten verrechenbaren Verlust von ihrem körperschaftsteuerlichen Gewinn 2012 ab und verrechnete ihren gewerbesteuerlichen Gewinn mit dem gewerbesteuerlichen Verlust der B-GmbH & Co. KG. Das Finanzamt erkannte die jeweilige Verlustnutzung nicht an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die Klägerin konnte den festgestellten verrechenbaren Verlust im Streitjahr 2012 nutzen. Aufgrund des Ausscheidens der Komplementärin aus der B-GmbH & Co. KG ist das Vermögen der B-GmbH & Co. KG am 30.11.2011 auf die Klägerin übergegangen, so dass sie nun alleinige Vermögensinhaberin wurde und damit auch unbeschränkt mit ihrem GmbH-Vermögen haftete. Zuvor hatte sie als Kommanditistin nur beschränkt mit ihrer Kommanditeinlage gehaftet, so dass der Verlust lediglich verrechenbar war, also nur mit künftigen Gewinnen aus der KG-Beteiligung verrechnet werden konnte. Da die Klägerin ab dem 30.11.2012 nun unbeschränkt haftete, gibt es keinen Grund, ihr die Nutzung des verrechenbaren Verlustes vorzuenthalten.

  • Für den Übergang des verrechenbaren Verlustes auf die Klägerin ist es nicht erforderlich, dass die Klägerin den Betrieb der KG fortführt. Hierfür gibt es keine gesetzliche Grundlage.

  • Die Klägerin konnte auch den zum 31.12.2011 festgestellten Gewerbeverlust der B-GmbH & Co. KG im Streitjahr 2012 nutzen, da die hierfür erforderliche Unternehmer- sowie Unternehmensidentität bestand. Die Unternehmeridentität war unstreitig; die Unternehmensidentität war ebenfalls zu bejahen, da sie bei einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich fortbesteht, weil ihre Tätigkeit stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt. Für die Auffassung des Finanzamts, dass die GmbH den Betrieb der B-GmbH & Co. KG identitätswahrend hätte fortführen müssen, gibt es keine Rechtsgrundlage.

Hinweise: Bereits im letzten Jahr hat ein anderer Senat des BFH entschieden, dass im Fall einer Anwachsung des Vermögens einer Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft der gewerbesteuerliche Verlustvortrag von der verbleibenden Kapitalgesellschaft genutzt werden kann.

An sich hätte die Klägerin die Verluste schon im Jahr 2011 nutzen können, da die Anwachsung zum 30.11.2011, also einen Tag vor dem Jahresende 2011, erfolgt ist. Allerdings hat das Finanzamt die Verlustfeststellungsbescheide fehlerhafterweise zum 31.12.2011, also zum Jahresende, erlassen; da diese Verlustfeststellungsbescheide Bindungswirkung erzeugen, konnte die Klägerin die Verluste erst im Streitjahr 2012 nutzen.

Quelle: BFH, Urteil vom 19.3.2025 – XI R 2/23; NWB


Rückabwicklung einer Anteilsübertragung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage

23.09.2025 08:49

Eine Anteilsübertragung kann aufgrund eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage rückgängig gemacht werden, so dass auch der Gewinn aus der Anteilsübertragung nicht mehr versteuert werden muss. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage kann anzunehmen sein, wenn beide Vertragspartner davon ausgegangen sind, dass die Anteilsübertragung keine Einkommensteuer auslöst, und die Vertragspartner zusammenveranlagt werden, also beide die Einkommensteuer schulden.

Hintergrund: Wer in den letzten fünf Jahren mit mindestens 1 % an einer Kapitalgesellschaft beteiligt war und die Anteile mit Gewinn verkauft, muss den Gewinn als gewerbliche Einkünfte versteuern. Der Gewinn ist nach dem sog. Teileinkünfteverfahren zu 60 % steuerpflichtig.

Sachverhalt: Die Kläger waren Eheleute. Der Kläger (Ehemann) war zu 50 % an einer GmbH beteiligt. Die Kläger beschlossen, die Gütertrennung zu vereinbaren. Der hierdurch entstehende Zugewinnausgleichsanspruch der Ehefrau sollte durch die Übertragung der GmbH-Anteile und im Übrigen durch eine Barzahlung erfüllt werden. Nach der schriftlich erteilten Auskunft ihres Steuerberaters sollte die Übertragung der GmbH-Anteile einkommensteuerlich unschädlich sein. Tatsächlich erfasste das Finanzamt aber einen Gewinn aus der Anteilsübertragung bei der Einkommensteuer. Die Kläger machten daraufhin die Anteilsübertragung im Jahr 2020 rückgängig und begründeten dies mit einem Wegfall der Geschäftsgrundlage, weil sie irrtümlicherweise davon ausgegangen seien, dass die Anteilsübertragung keine Einkommensteuer auslöse. Das Finanzamt hielt an der Steuerpflicht der Anteilsübertragung für das Jahr 2019 fest.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Zwar war der Kläger in den letzten fünf Jahren vor der Anteilsübertragung auf seine Ehefrau im Jahr 2019 mit mindestens 1 % an der GmbH beteiligt; zudem wird eine Veräußerung von GmbH-Anteilen auch dann einkommensteuerlich erfasst, wenn die Übertragung der Anteile zur Erfüllung eines Ausgleichsanspruchs aufgrund der Beendigung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft erfolgt.

  • Jedoch ist die Anteilsübertragung rückgängig gemacht worden, so dass der Veräußerungsgewinn rückwirkend entfallen ist. Diese Rückwirkung ergibt sich aus dem Wegfall der Geschäftsgrundlage. Zivilrechtlich kann nämlich eine Anpassung eines Vertrags geboten sein, wenn sich Umstände, die zur Vertragsgrundlage gehören, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Vertragspartner den Vertrag nicht oder aber mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorhergesehen hätten; weitere Voraussetzung für die Anwendung des Grundsatzes der Wegfall der Geschäftsgrundlage ist, dass einem der Vertragspartner das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Dieser zivilrechtliche Grundsatz lässt sich auch auf das Steuerrecht übertragen, wenn der Grund für den Wegfall der Geschäftsgrundlage im Rechtsgeschäft „angelegt“ ist.

  • Im Streitfall gehörte zur Geschäftsgrundlage der Anteilsübertragung, dass aus dieser keine einkommensteuerliche Belastung resultiert. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut der Anteilsübertragung; die möglichen steuerlichen Folgen der Anteilsübertragung sind aber vor dem Vertragsschluss ausdrücklich erörtert worden. Die unerwartet entstandene steuerliche Belastung war auch für beide Vertragspartner – und nicht nur für den veräußernden Kläger – relevant, weil die Vertragspartner Eheleute waren und zusammenveranlagt wurden; die steuerliche Belastung traf daher beide Eheleute.

Hinweise: Zwar ist das Urteil für die Kläger erfreulich, weil der BFH die steuerliche Rückwirkung der Rückgängigmachung der Anteilsübertragung anerkannt hat. Dennoch hätte die Entscheidung auch anders ausfallen können, weil sich der BFH im Wesentlichen auf die Würdigung der Vorinstanz (Finanzgericht) gestützt hat. Je nach den Umständen des Einzelfalls und der Würdigung durch das Finanzgericht kann sich daher auch ein anderes Ergebnis bezüglich des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ergeben. So hätte es – wie der BFH andeutet – für das Finanzgericht auch in Betracht kommen können, die Kläger zu den Umständen des Abschlusses der Vereinbarung der Gütertrennung zu befragen und sich Unterlagen vorlegen zu lassen. Die Beweislast für den Wegfall einer Geschäftsgrundlage liegt nämlich beim Steuerpflichtigen.

Unbeachtlich ist, wann das Finanzamt von den Umständen, die zur Geschäftsgrundlage geworden sind, Kenntnis erlangt hat.

Die Änderung des Steuerbescheids für 2019 zugunsten der Kläger war verfahrensrechtlich kein Problem, da die Kläger den Bescheid fristgerecht angefochten haben. Wäre der Bescheid bereits bestandskräftig gewesen, wäre gleichwohl eine Änderung des Bescheids zugunsten der Kläger möglich gewesen; denn nach dem Gesetz kann ein Bescheid aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses geändert werden. Dieses rückwirkende Ereignis war in der Rückgängigmachung im Jahr 2020 aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu sehen.

Quelle: BFH, Urteil vom 9.5.2025 – IX R 4/23; NWB


Gewerblicher Grundstückshandel bei Verkauf der Grundstücke in einem einzigen Vertrag

22.09.2025 08:37

Einer Kapitalgesellschaft, die fünf Grundstücke kauft und diese innerhalb von fünf Jahren in einem einzigen Verkaufsakt an einen Erwerber veräußert, steht die sog. erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer nicht zu. Die Kapitalgesellschaft übt nämlich einen gewerblichen Grundstückshandel aus, da sie innerhalb von fünf Jahren mindestens vier Grundstücke gekauft und verkauft hat. Sie ist daher originär gewerblich und nicht lediglich vermögensverwaltend tätig. Auf die Nachhaltigkeit (Wiederholungsabsicht) kommt es bei einer Kapitalgesellschaft nicht an.

Hintergrund: Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft oder aufgrund ihrer gewerblichen Prägung als GmbH & Co. KG gewerbesteuerpflichtig sind, tatsächlich aber ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, also vermögensverwaltend tätig sind, können unter bestimmten Voraussetzungen eine sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung beantragen. Der Ertrag aus der Grundstücksverwaltung und -nutzung sowie aus dem Verkauf der vermieteten Immobilie unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer. Die erweiterte Kürzung wird u.a. nicht gewährt, wenn die Immobiliengesellschaft einen gewerblichen Grundstückshandel betreibt.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH und gehörte zum Immobilienkonzern X. Die Klägerin erwarb am 26.7.2016 fünf vermietete Grundstücke. Mit Vertrag vom 29.8.2018 veräußerte die Klägerin die fünf Grundstücke an die Y-GmbH, die ebenfalls zum X-Konzern gehörte. Die Klägerin beantragte die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer, damit der Gewinn aus dem Verkauf der Grundstücke nicht der Gewerbesteuer unterworfen wird. Das Finanzamt lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass die Klägerin einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben habe.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Ob eine gewerbesteuerlich unschädliche Vermögensverwaltung oder aber ein gewerbesteuerlich relevanter gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, richtet sich grundsätzlich nach der sog. Drei-Objekt-Grenze, die von der Rechtsprechung entwickelt worden ist. Danach wird ein gewerblicher Grundstückshandel angenommen, wenn der Steuerpflichtige innerhalb von fünf Jahren mindestens 4 Grundstücke kauft und verkauft.

  • Diese Grenze ist im Streitfall überschritten worden. Denn die Klägerin hat innerhalb von etwa zwei Jahren fünf Grundstücke gekauft und verkauft. Dies indiziert einen gewerblichen Grundstückshandel und damit eine originär gewerbliche Tätigkeit, so dass die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer zu versagen ist, da diese eine vermögensverwaltende Tätigkeit voraussetzt.

  • Zwar ist bei der Einkommensteuer für die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit noch eine Nachhaltigkeit erforderlich, d.h. eine Wiederholungsabsicht, die im Streitfall zu verneinen wäre, weil die Klägerin die Grundstücke auf einen Schlag, d.h. in einem einzigen Vertrag (en bloc) verkauft hat. Das Kriterium der Nachhaltigkeit gilt jedoch nicht für Kapitalgesellschaften im Rahmen der Prüfung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung, sondern hat nur für Personenunternehmen (Einzelunternehmer und Personengesellschaften) Bedeutung. Daher half es der Klägerin nicht, dass sie die fünf Grundstücke en bloc verkauft hat und danach keine weiteren Verkäufe mehr getätigt hat bzw. tätigen wollte.

Hinweise: Zwar kann die Indizwirkung, die sich aus einer Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze ergibt, widerlegt werden. Der Klägerin ist dies allerdings nicht gelungen.

Bei Personenunternehmen setzt ein gewerblicher Grundstückshandel eine nachhaltige Tätigkeit voraus, d.h. die Tätigkeit muss mit Wiederholungsabsicht betrieben werden. Verkauft ein Steuerpflichtiger seine vermieteten Grundstücke also auf einen Schlag an einen Erwerber, wird er nicht nachhaltig tätig. Der BFH macht in seiner aktuellen Entscheidung deutlich, dass das Kriterium der Nachhaltigkeit im Rahmen der erweiterten Kürzung für eine Kapitalgesellschaft keine Rolle spielt und nicht erfüllt werden muss.

Scheidet eine erweiterte Kürzung aus, weil eine originär gewerbliche Tätigkeit vorliegt, kommt eine sog. einfache Kürzung in Betracht, bei der der Gewinn in Höhe von 1,2 % des Einheitswertes des Grundbesitzes gekürzt wird. Die Klägerin erhielt diese einfache Kürzung nicht, weil sie trotz Aufforderung ihre Einheitswertbescheide nicht vorgelegt hatte.

Quelle: BFH, Urteil vom 3.6.2025 – III R 12/22; NWB


Abschreibung auf Mietimmobilien nach vorherigem Wegfall der gewerblichen Prägung

15.09.2025 08:08

Entfällt bei einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG, die Immobilien vermietet, die gewerbliche Prägung, kommt es zu einer Betriebsaufgabe, bei der die Immobilien mit dem gemeinen Wert angesetzt werden. Der gemeine Wert ist nun die Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen bei den Vermietungseinkünften nach dem Wegfall der gewerblichen Prägung. Ändert sich der Ansatz des gemeinen Wertes aufgrund eines Einspruchs oder einer Klage, können die Bescheide der Folgejahre geändert werden, so dass die Abschreibungen in den Folgejahren an den geänderten gemeinen Wert angepasst werden.

Hintergrund: Ist bei einer GmbH & Co. KG, die an sich vermögensverwaltend tätig ist (z.B. als Vermietungsgesellschaft), ausschließlich eine Kapitalgesellschaft persönlich haftender Gesellschafter und ist nur die Kapitalgesellschaft oder aber ein Dritter, der nicht Gesellschafter ist, zur Geschäftsführung befugt, spricht man von einer gewerblich geprägten Personengesellschaft. Die Gesellschaft erzielt dann kraft Gesetzes gewerbliche Einkünfte, obwohl sie an sich nur vermögensverwaltend tätig ist und eigentlich Vermietungseinkünfte erzielt.

Sachverhalt: Die Klägerin war ursprünglich eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG und vermietete Immobilien. Anfang 2007 entfiel die gewerbliche Prägung; jedoch vermietete die Klägerin weiterhin ihre Immobilien und erzielte nun Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Klägerin erklärte aufgrund des Wegfalls der gewerblichen Prägung einen Betriebsaufgabegewinn, bei dem sie die Immobilien mit dem gemeinen Wert bewertete. Für die Jahre ab 2008 legte sie diesen gemeinen Wert als Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen zu Grunde. Das Finanzamt führte bei der Klägerin eine Außenprüfung für 2007 durch und erhöhte die gemeinen Werte. Das Finanzamt folgte dem Außenprüfer und erhöhte dafür aber die Abschreibungen für die Vermietungseinkünfte ab 2008. Die Klägerin klagte gegen die Erhöhung der gemeinen Werte im Bescheid für 2007 mit Erfolg. Das Finanzgericht setzte die gemeinen Werte mit Urteil vom 3.5.2022 herab. Das Finanzamt hatte bereits am 20.4.2022 die Bescheide für 2008 bis 2011 zu Ungunsten der Klägerin geändert und minderte die Abschreibungen, indem es als Bemessungsgrundlage den niedrigeren gemeinen Wert, der im Klageverfahren geltend gemacht worden war und den das Finanzgericht im Urteil vom 3.5.2022 ansetzte, zugrunde legte. Gegen diese Änderungsbescheide ab 2008 wandte sich die Klägerin.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Der Wegfall der gewerblichen Prägung im Jahr 2007 führte zu einer steuerlichen Betriebsaufgabe, da aus Betriebsvermögen Privatvermögen wurde und die Klägerin nun nicht mehr gewerbliche Einkünfte sondern Vermietungseinkünfte erzielte. Daher waren die gemeinen Werte der Immobilien im Rahmen der Ermittlung des Betriebsaufgabegewinns anzusetzen. Die gemeinen Werte stellten zugleich die Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen ab dem Wegfall der gewerblichen Prägung und damit auch für die streitigen Bescheide für 2008 bis 2011 dar.

  • Die Herabsetzung des gemeinen Wertes durch das Urteil des Finanzgerichts vom 3.5.2022 stellte ein sog. rückwirkendes Ereignis dar, das zu einer Änderung der Bescheide der Folgejahre ab 2008 berechtigte; denn nach dem Gesetz dürfen Steuerbescheide aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses geändert werden.

  • Die Rückwirkung ergibt sich daraus, dass der gemeine Wert nicht nur für die Ermittlung des Betriebsaufgabegewinns erforderlich ist, sondern auch die Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen der Folgejahre darstellt. Daher sind der gemeine Wert und die Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen miteinander verknüpft. Diese Verknüpfung besteht auch dann, wenn der gemeine Wert in einer unzutreffenden Höhe angesetzt wurde.

Hinweise: Das Finanzamt hat die Änderungsbescheide bereits am 20.4.2022 und damit kurz vor der Verkündung des Finanzgerichtsurteils am 3.5.2022 erlassen; vermutlich dürfte schon im April 2022 ersichtlich gewesen sein, welchen gemeinen Wert das Finanzgericht ansetzen wird. Dass die Änderungsbescheide vor dem Urteil erlassen worden sind, ist verfahrensrechtlich unschädlich; denn es kommt darauf an, dass im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung, die am 5.6.2023 ergangen ist, die Voraussetzungen einer Änderung wegen eines rückwirkenden Ereignisses vorgelegen haben. Dies war der Fall, weil am 5.6.2023 das Urteil des Finanzgerichts mit den niedrigeren gemeinen Werten vorgelegen hat.

Bei der Änderung wegen eines rückwirkenden Ereignisses gibt es eine eigenständige Verjährungsregelung, so dass im Streitfall mit Ablauf des 31.12.2022 eine vierjährige Festsetzungsfrist begann und mit Ablauf des 31.12.2026 enden wird; daher durften die geänderten Bescheide vom 22.4.2022 auch unter dem Gesichtspunkt der Verjährung ergehen.

Quelle: BFH, Urteil vom 3.6.2025 – IX R 18/24; NWB


Doppelte Grunderwerbsteuer bei zeitlich gestaffeltem Erwerb von GmbH-Anteilen zulässig?

02.09.2025 09:52

Der Bundesfinanzhof (BFH) hält es für rechtlich zweifelhaft, dass Grunderwerbsteuer doppelt entsteht, wenn über Anteile an einer grundbesitzenden GmbH zunächst ein schuldrechtlicher Anteilsübertragungsvertrag (sog. Signing) geschlossen wird und einige Wochen später die vereinbarte Abtretung der GmbH-Anteile (sog. Closing) erfolgt. Der BFH hat daher Aussetzung der Vollziehung gewährt, so dass die Grunderwerbsteuer im konkreten Streitfall bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht bezahlt werden muss.

Hintergrund: Grunderwerbsteuer entsteht nicht nur beim Verkauf eines Grundstücks, sondern auch, wenn mindestens 90 % der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft veräußert oder übertragen werden. Das Gesetz knüpft in unterschiedlichen Regelungen mal an den Verkauf, also an das Verpflichtungsgeschäft, und mal an die Übertragung der Anteile, also an die Erfüllung des Verpflichtungsgeschäfts an. Der Gesetzeswortlaut derjenigen Regelung, die das Verpflichtungsgeschäft besteuert, deutet darauf hin, dass vorrangig die Übertragung der Anteile - und nicht das zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft - zu besteuern ist.

Sachverhalt: Die Antragstellerin erwarb alle Anteile an einer grundbesitzenden GmbH durch notariell beurkundeten Vertrag vom 11.3.2024 (sog. Signing). Die vertraglich vereinbarte Abtretung dieser Anteile durch die Veräußerin an die Antragstellerin erfolgte am 29.3.2024, nachdem die Antragstellerin den Kaufpreis bezahlt hatte (sog. Closing). Die Übertragung der GmbH-Anteile vom 29.3.2024 wurde dem Finanzamt nicht angezeigt. Am 30.5.2024 erließ das Finanzamt zwei Grunderwerbsteuerbescheide: Zum einen setzte es gegenüber der Antragstellerin Grunderwerbsteuer aufgrund des Vertrags vom 11.3.2024 fest, der zu einer sog. Anteilsvereinigung von mindestens 90 % (hier 100 %) geführt hatte; zum anderen setzte es gegenüber der GmbH Grunderwerbsteuer aufgrund der Anteilsübertragung vom 29.3.2024 fest. Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Nachdem das Finanzgericht die Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hatte, kam der Fall zum BFH.

Entscheidung: Der BFH gewährte die Aussetzung der Vollziehung des gegenüber der Antragstellerin ergangenen Grunderwerbsteuerbescheids, weil das Gericht ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des gegenüber der Antragstellerin ergangenen Bescheides hatte:

  • Es ist rechtlich zweifelhaft, ob bei einem zeitlichen Auseinanderfallen des schuldrechtlichen Veräußerungsvertrags (sog. Signing) und der Anteilsübertragung (sog. Closing) zweimal Grunderwerbsteuer festgesetzt werden darf, wenn dem Finanzamt bei der Festsetzung der Grunderwerbsteuer für den Veräußerungsvertrag (sog. Signing) bekannt ist, dass die Übertragung der GmbH-Anteile (sog. Closing) bereits erfolgt ist.

  • Der Wortlaut des Gesetzes spricht dafür, dass es einen Vorrang der Grunderwerbsteuerfestsetzung für die Übertragung der GmbH-Anteile (sog. Closing) gibt; jedoch akzeptiert die Finanzverwaltung diesen Vorrang nur dann, wenn beide Vorgänge – das sog. Signing und Closing – gleichzeitig erfolgen. Nach Auffassung des BFH lässt sich dem Gesetz eine derartige zeitliche Beschränkung jedoch nicht entnehmen.

  • Die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ergeben sich auch daraus, dass dem Finanzamt beim Erlass des Grunderwerbsteuerbescheids gegenüber der Antragstellerin bereits bekannt war, dass die Anteilsübertragung (sog. Closing) bereits erfolgt war.

Hinweise: Der BFH hatte die Streitfrage bislang noch nicht entschieden; sie bleibt auch weiterhin offen, da es sich nur um eine Entscheidung im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes handelt.

Der Gesetzgeber hat im Jahr 2022 eine Gesetzesänderung eingefügt, die das Ergebnis einer doppelten Grunderwerbsteuerfestsetzung in Fällen wie dem Streitfall verhindern soll. Danach soll die Grunderwerbsteuerfestsetzung für das Veräußerungsgeschäft auf Antrag aufgehoben werden. Allerdings setzt dies voraus, dass sowohl das Veräußerungsgeschäft (sog. Signing) als auch die Anteilsübertragung (sog. Closing) dem für die Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzamt fristgerecht, d.h. innerhalb von zwei Wochen, angezeigt worden sind. Eben dies ist im Streitfall unterblieben, so dass die Neuregelung der Antragstellerin nichts half.

Je nachdem, ob das Veräußerungsgeschäft oder aber die Anteilsübertragung besteuert wird, ist Schuldner der Grunderwerbsteuer der Erwerber der Anteile oder aber die Gesellschaft selbst. Daher hatte das Finanzamt den einen Bescheid gegen die Antragstellerin als Erwerberin und den anderen Bescheid gegen die GmbH erlassen.

Quelle: BFH, Beschluss vom 9.7.2025 – II B 13/25 (AdV); NWB


Schenkungsteuerpflicht bei disquotalen Einlagen einzelner GmbH-Gesellschafter

12.08.2025 07:20

Der BFH hat ernstliche Zweifel, ob disquotale Einlagen eines GmbH-Gesellschafters in die Kapitalgesellschaft auch dann Schenkungsteuer auslösen, wenn die disquotale Einlage aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses dem Gesellschafter, der sie erbracht hat, personenbezogen zugeordnet wird und wenn dementsprechend im Jahresabschluss die in die Kapitalrücklage eingestellte Einlage diesem Gesellschafter individuell zugewiesen wird. Es könnte dann nämlich an einer Werterhöhung der Anteile der übrigen Gesellschafter fehlen.

Hintergrund: Nach dem Gesetz kann eine disquotale Einlage eines GmbH-Gesellschafters zur Schenkungsteuer führen, wenn sich durch die disquotale Einlage der Wert der Anteile eines anderen Gesellschafters erhöht. Eine disquotale Einlage liegt vor, wenn ein Gesellschafter über seine Beteiligungsquote hinaus eine Einlage erbringt. Beispiel: Nur einer von fünf Gesellschaftern leistet eine Einlage.

Sachverhalt: An der X-GmbH waren fünf Gesellschafter (A, B, C, D und E) mit jeweils 20 % beteiligt. Sie vereinbarten in der Satzung, dass sich die Gewinnverteilung nicht nach der Beteiligungsquote, sondern nach der Höhe des jeweiligen Finanzierungsbeitrags (z.B. Darlehensgewährung) des einzelnen Gesellschafters richtet. Im Jahr 2013 leisteten bis auf E alle Gesellschafter Zahlungen in die X-GmbH, die aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses in die Kapitalrücklage der X-GmbH gebucht und im jeweiligen Jahresabschluss unter der Bilanzposition „Kapitalrücklage“ einzeln ausgewiesen und den jeweiligen Gesellschaftern der Höhe nach zugeordnet wurden. Ab 2015 leistete nur A entsprechende Zahlungen in die X-GmbH. Die Gesellschafter beschlossen, dass A insoweit eine entsprechende Auszahlung im Fall der Ausschüttung oder der Liquidation der X-GmbH erhalten sollte; außerdem wurden in den Jahresabschlüssen zum 31.12.2018 und 31.12.2019 die in die Kapitalrücklage eingestellten Beträge sowie die in den Vorjahren erbrachten Einzahlungen einzeln ausgewiesen und den jeweiligen Gesellschaftern der Höhe nach zugeordnet. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Einzahlungen des A, B, C und D zu einer Werterhöhung der Anteile der E geführt hätten, und erließ gegenüber der E mehrere Schenkungsteuerbescheide. Diese legte gegen die Bescheide Einspruch ein und beantragte eine Aussetzung der Vollziehung.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gewährte die Aussetzung der Vollziehung, weil es ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Schenkungsteuerbescheide gab:

  • Zwar unterliegt eine disquotale Einlage der Schenkungsteuer, wenn sich hierdurch der Wert der Anteile eines anderen Gesellschafters der GmbH erhöht. Es ist jedoch zweifelhaft, ob der Wert der Anteile der E durch die disquotalen Einlagen von A, B, C und D erhöht wurde.

  • Aus den Beschlüssen der Gesellschafter der X-GmbH der Jahre 2018 und 2019 sowie aus den Jahresabschlüssen für die Jahre 2013 bis 2019 ergibt sich, dass im Fall der Liquidation oder Auflösung der X-GmbH nur die einzahlenden Gesellschafter, also A, B, C und D, von ihren Einzahlungen profitieren sollten, nicht aber E. Denn die in die Kapitalrücklage eingestellten Beträge wurden dem jeweils einzahlenden Gesellschafter und damit gesellschafterbezogen zugeordnet. Die E profitierte daher von den Einzahlungen nicht.

  • Offenbleiben kann, ob sich ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Schenkungsteuerbescheide auch daraus ergeben, dass die Gesellschafter, die disquotale Einlagen erbrachten, im Verhältnis ihrer Finanzierungsleistungen an den Gewinnausschüttungen teilnahmen, so dass ihren disquotalen Einlagen eine Gegenleistung in Form entsprechend erhöhter Ausschüttungen gegenüberstanden.

Hinweise: Der BFH weist darauf hin, dass bislang noch nicht abschließend geklärt ist, ob die Wirksamkeit einer gesellschafterbezogenen Zuordnung der Kapitalrücklage eine satzungsmäßige Grundlage erfordert. Da es sich um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelte, musste der BFH diese Frage nicht entscheiden; vielmehr genügte es für die Annahme ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide, dass nach der überwiegenden Auffassung des juristischen Schrifttums die Schenkungsteuerbarkeit jedenfalls dann entfällt, wenn die disquotale Einlage aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung dem einzahlenden Gesellschafter persönlich zugeordnet wird.

Auch die die Finanzverwaltung hält es nicht für erforderlich, dass in der Satzung eine Vereinbarung über die persönliche Zuordnung der Einzahlungen getroffen werden muss, sondern es genügt eine entsprechende „reguläre“ schuldrechtliche Vereinbarung unter den Gesellschaftern.

Quelle: BFH, Beschluss vom 6.6.2025 – II B 43/24 (AdV); NWB